Benjamin Buhl, Geschäftsführer netzvitamine GmbH

Der kreative Kopf hinter dem DSTNCMP: Benjamin Buhl, Geschäftsführer netzvitamine GmbH.

Ein Gespräch über Bedenken und Aber-Perspektiven, ein Rückblick auf das erste DSTNCMP außerhalb Hamburgs, und wie die gerade erschienene WERKSCHAU im Alltag wichtige Impulse für Destinationen liefern kann.

Herr Buhl: Gerade ist die neue WERKSCHAU erschienen. Kann man an den produzierten Ergebnissen erkennen, dass es das erste DSTNCMP außerhalb Hamburgs war?

Buhl: Ja, definitiv. Zum einen war das Erlebnisangebot drumherum schon ein ganz anders. Und der Workation-Charakter im ländlichen Raum tat sein Übriges, dass man in Kufstein anders auf die Themen geblickt hat als in Hamburg. Vielleicht der prägnanteste Unterschied: Wir hatten noch nie so wenig Bedenken in den Diskussionen. Es gab viel weniger die Aber-Perspektive, stattdessen haben die Teilnehmer mehr als früher in Möglichkeiten und konkreten Handlungsoptionen gedacht. Da war viel Zuversicht spürbar, dass man aktuelle und zukünftige Herausforderungen schaffen kann. Als eine Ursache dafür sehe ich, dass sich die Teilnehmer in Kufstein neu durchmischt haben und viele neue Köpfe aus Österreich und der Schweiz beim DSTNCMP dabei waren, wo der Tourismus einen anderen Stellenwert hat. Entsprechend gibt es dort bei den Akteuren ein anderes Selbstverständnis und auch Selbstbewusstsein. Das hat sich positiv übertragen.

Speziell österreichische Regionen haben im Vergleich zu deutschen Destinationen aber auch andere Mittel, um die Dinge anzugehen.

Das ist richtig. Aber dadurch haben sich die gesetzten Themen nicht verändert. Die waren vorher – und wissenschaftlich begleitet von der MCI Hochschule in Innsbruck – evaluiert und breit gestreut. Auch, wenn wir im Alpenraum waren, ging es auch nicht nur um Themen im ländlichen Raum. Aber die Diskussionen haben sich verändert, weil die Regionen des Alpenraums schon viel stärker interregional denken und Projekte regelmäßig grenzüberschreitend planen. In Deutschland kommt das gerade erst stärker ins Bewusstsein. Mit Blick auf Bregenz 2024 wird dieser Aspekt sicher noch einmal stärker, weil wir dann auch erstmals Teilnehmer aus Lichtenstein erwarten.

Konkret zu den diesjährigen Themen, die auch in der gerade erschienen WERKSCHAU behandelt werden: Welche Diskussionen standen im Vordergrund?

Was ich hier zunächst hervorheben möchte, war ein Experiment: Wir hatten mit dem Themenstrang „Die Jugend im Blick“ Jugendliche zwischen 15 und 17 Jahren eingeladen – und zwar in einer aktiven Rolle! Wir wollten drängende Themen mit ihnen als Betroffene diskutieren – nicht über sie reden. Eine Fragestellung lautete: „Jede Genreration hat ihren eigenen Kopf: Wie werden wir dem gerecht?“ Eine andere: „Wie wollen Nachwuchskräfte gefördert werden?“ Oder „Was muss der Tourismus jungen Menschen für Angebote machen?“ und „wie und wo sucht die Generation Alpha überhaupt nach Reisen?“ Aus diesem Themenstrang sind – obwohl anfangs sehr verhalten – am Ende viele wertvolle Impulse, Sichtweisen und natürlich auch Fragen hervorgegangen. Ansonsten gab es Räume zur Destination, zu multiplen Krisen, Resilienz-Tourismus, zu Digitalisierung, nachhaltiger Transformation und dem Fachkräftebedarf. Alle Räume und Stränge waren wie erwartet sehr ergiebig. Die Ergebnisse sind jetzt auf 236 Seiten in der umfangreichsten WERKSCHAU aller Zeiten im neuen Look & Feel aufbereitet.

Was hat Sie vielleicht überrascht?

Tatsächlich, dass der Raum rund um das Thema Mobilität weniger besucht war als wir erwartet hatten. Obwohl so zentral, haben hier scheinbar viele DMO schon ein Stückweit kapituliert und sich aus dieser Aufgabe zurückgezogen. Wahrscheinlich, weil die Rahmenbedingungen und Abhängigkeiten von Verkehrsträgern vor Ort oft für viel Frust sorgen. Nichtsdestotrotz finden sich hierzu in der WERKSCHAU sehr gute Ergebnisse, die vielleicht vielen auch wieder Mut machen, das Thema doch anzugehen.  

Wie kann man die WERKSCHAU für sich im Alltag nutzen?

Die WERKSCHAU ist tatsächlich nicht einfach ein Rückblick auf das DSTNCMP23, sondern kann vielfach ein Begleiter bei Herausforderungen auf touristischer Ebene sein. Statt sie an einem Tag komplett durchzuarbeiten, sollte man sie sich lieber ins Büro legen – und immer wieder zur Hand nehmen, wenn eines der vorher genannten Themen relevant wird. Dann ist die WERKSCHAU Impulsgeber, skizziert die Aufgabenstellungen, benennt die wichtigen Akteure und beschreibt auch die Probleme, die in der Umsetzung auftauchen können. Da wir die WERKSCHAU in diesem Jahr konzeptionell nochmal überarbeitet haben, gibt es darüber hinaus so viele Checklisten und konkrete To-Do-Tipps wie nie zuvor. Und wer die Printversion nicht zur Hand hat: Man kann die aktuelle Ausgabe wie auch die aller Vorjahre jederzeit kostenlos herunterladen.  

Das nächste DSTNCMP wird wieder in Österreich sein. Was erwartet uns 2024 in Bregenz?

Vorwegschicken muss ich, dass wir noch auf kein Camp so viel Feedback von Nicht-Teilnehmern bekommen haben wie dieses Jahr. Dass wir das Format und den Austragungsort geändert haben, hat insgesamt also schon einmal für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Mit Blick auf die schriftlichen Feedbacks der Teilnehmer kann ich sagen, dass hier überwiegend große Zustimmung herrscht. Und das, obwohl ein Großteil der freigeschriebenen Antworten mit „Ich war skeptisch!“ begannen. Doch sowohl das Workation-Format wie die Verlängerung kamen gut an. Für die meisten Teilnehmer ist das darstellbar. Trotzdem gibt es Learnings und Stellschrauben, an denen wir für Bregenz drehen werden.

Welche?

Zum Beispiel werden wir mehr Co-Working-Flächen in der Stadt anbieten. Und zwar Flächen, die es in Bregenz ohnehin zu diesem Zweck schon gibt, dort klinken wir uns ein. Insgesamt erwartet uns in Bregenz eine wahnsinnig spannende Destination. Eine Destination, die Frage- und Problemstellungen unter anderem bereits mit dem data:room Vorarlberg begegnet. Dieses Konzept, ein Mix aus datengetriebener Analyse, wechselnden Teams und Räumlichkeiten, werden wir 2024 für uns nutzen. Wir werden also mit echten Daten die Zukunft gestalten – und dies in einer Zusatz-Session am letzten Tag auch noch sehr intensiv tun. Neu ist damit, dass der netzvitamineABEND am Donnerstag mit der Verleihung des DSTNCMP-Preis der offizielle Abschluss wird. Am letzten Tag gibt es dann als Zusatzangebot eben den data:room mit einer Runde von maximal 40 Teilnehmern. Andere können noch das Erlebnisprogramm am Bodensee nutzen oder bereits gemütlich die Heimreise antreten.

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