MARTIN KATZ, FTI GROUP / HEAD OF DESTINATION SELF DRIVE AND CITY

Ein Gespräch über die aktuelle Rolle von Veranstaltern als Partner von Destinationen, über Reisebüros, die den Deutschlandtourismus für sich entdecken und DMOs, die eine Zusammenarbeit auf Marketingebene immer noch mit Kataloganzeigen gleichsetzen.

 

Herr Katz, welche Rolle spielt der Deutschlandtourismus für FTI als Veranstalter?

Deutschland ist zwar nicht unser traditionelles Kerngeschäft, aber eine unverzichtbare Destination unseres Portfolios, das wir ständig ausbauen. Jeder dritte Bundesbürger macht in Deutschland Urlaub. Wir wären also schlecht beraten, diese Nachfrage zu ignorieren. Deutschland spielt übrigens nicht nur für FTI eine wichtige Rolle, sondern auch für unsere Veranstalter BigXtra und 5vorFlug sowie im Vertrieb über sonnenklar.TV. Wenn es auch nicht primär um den Verkauf des Jahresurlaubs geht, so doch um Zweit- und Dritturlaube. Wir möchten also Kunden, die uns bei zwei Wochen Kanaren oder Ägypten bereits vertrauen, auch hierzulande etwas anbieten. Aber es geht auch um Neukundengewinnung im wachsenden Segment Deutschlandtourismus.

 

Airbnb meldet allein für NRW 570.800 generierte Gästeankünfte pro Jahr. Booking.com füllt den Hotels bundesweit jährlich Millionen von Betten. Über welche Zahlen sprechen wir bei FTI?

Die FTI GROUP schickt im Jahr rund 5 Millionen Urlauber in die Ferien. Mehrere hunderttausend davon buchen mit uns auch einen Aufenthalt in Deutschland. Und wie Sie schon in Ihrer Frage richtig ausgedrückt haben, sind unsere großen Mitbewerber hierzulande nicht TUI oder Neckermann, sondern die großen Portale.

 

Den Trend, seinen Deutschlandurlaub individuell zu organisieren, gab es schon immer. Das Aufkommen der Portale verstärkt diese Entwicklung noch. Wo haben Veranstalter da in Zukunft noch Ihren Platz – und mir welcher Art von Angeboten?

Dass sich dieser Trend verstärkt, sehe ich gar nicht so. Denn auch wir sind mit unserem Angebot wachsend unterwegs. Aber ja, es sind immer mehr Wettbewerber am Markt. Umso wichtiger ist es, dass wir den Kunden und Hoteliers die Vorteile einer Veranstalterreise aufzeigen. Die neue Pauschalreiserichtlinie stellt zum Beispiel Hoteliers, die mehrere Leistungsbausteine wie früher bündeln möchten, heute vor Haftungsrisiken, wie sie sonst nur Veranstalter kannten. Gleiches gilt für DMOs als Vertriebsorganisationen, wo die entsprechende Positionierung noch lange nicht abgeschlossen ist. Hier können wir rechtsichere Lösungen, Sicherheiten und Servicekomponenten bieten. Auch der Gast hat bei einer Veranstalterreise Sicherheiten, die er individuell so nicht abdecken kann. Und bei aller Individualisierung durch das Internet: Immer mehr Menschen, junge wie alte, haben beim Thema Urlaub gar nicht mehr die Lust, sich immer alles selbst zusammenzusuchen.

 

Ihre Argumente in Richtung der Hoteliers und DMOs, also B2B,  verstehe ich. Aber das Sicherheitsbedürfnis von Gästen in Deutschland ist nun nicht so hoch, dass es wie in Ägypten oder Tunesien nach einem Veranstalter schreit.

Und Gott sei Dank ist das so. Das ist ein Teil des Erfolges der letzten Jahre für die heimischen Ziele. Aber auch hier passieren Dinge. Erst vor kurzem waren durch den vielen Schnee Teile Bayerns Katastrophenschutzgebiet und in Balderschwang saßen Urlauber nach einer Lawine fest. In solchen Momenten sind Veranstaltergäste dann nicht auf sich allein gestellt, sondern unser Krisenmanagement kümmert sich um Lösungen und gegebenenfalls um Ersatzunterkünfte.

 

Im Reisebüro spielt Deutschland trotzdem eine Nebenrolle. Je nach Reisebüro macht Deutschland zwischen 5 und 10 Prozent der Buchungen im Jahr aus. Welche Kanäle nutzen Sie, um hier mehr herauszuholen?

Die genannten Werte fürs Reisebüro sind so erst einmal richtig. Aber es ist bei uns nach wie vor der stärkste Kanal – und er wächst. Und die Nachfrage im Reisebüro nach Deutschland steigt. Allen voran im Segment City-Reisen. Die Expedienten haben sich in den letzten Jahren hier stark weitergebildet. Bei unserer FTI ACADEMY sind die Schulungen zu den City-Angeboten mit inzwischen 15.000 systemisch buchbaren Hotels, wo Deutschland einen großen Geschäftsanteil ausmacht, die mit am häufigsten absolvierten Kurse. Aber wir bedienen natürlich auch andere Kanäle. Der Kunde bewegt sich ja quasi online durch die analoge Welt. Also holen wir ihn an digitalen wie analogen Touchpoints ab: auf unseren eigenen Websites, über OTAs, im TV und im Reisebüro. Um diese Multi-Channel-Ansprache gut zu machen, haben wir in den letzten Jahren bei FTI viel Know-how aufgebaut.

 

FTI investiert z.B. auf den Kanaren und in Ägypten massiv in exklusive Hotels. Sind Exklusivhotels vielleicht auch hierzulande denkbar? Vielleicht etwa schickes an der Küste?

Zumindest nicht in dem Sinne wie Sie meinen. Der Hotelier in der Türkei, in Ägypten oder auf den Kanaren ist zu 100 Prozent auf Veranstalter angewiesen, die dort hinfliegen. Und weil viele Veranstalter hinfliegen, müssen in guten Lagen Zimmerkontingente exklusiv abgesichert werden. In Deutschland, wo Gäste ihr Ziel selbstständig erreichen, gibt es eine ganz andere Vertriebsstruktur und Anreiselogistik. Was wir aber haben, sind exklusive Reisebürokontingente für bestimmte Hotels, also in diesem Geschäftsmodell. Zusätzlich füllt der Hotelier seine Betten selbst über eigene Kanäle oder Buchungsplattformen.

 

Die TUI schaut aber seit längerem nach weiteren Standorten für Robinson.

Möglich. Aber der Club in Fleesensee ist nicht umsonst der einzige hierzulande. Man findet in Deutschland einfach keine guten Grundstücke mehr zu bezahlbaren Preisen. Und selbst wenn man etwas fände, hätten wir in Deutschland so viele Regularien zu berücksichtigen, dass sich gewinnbringend kaum etwas entwickeln ließe. Aber man soll nie nie sagen.

 

Zur Zusammenarbeit mit Destinationen: DMOs sagen, dass Veranstalter nur die Hand für teure Anzeigen in den Katalogen aufhalten,  aber aktiv sehr wenig tun, um Gäste in die Regionen zu bringen. Was erwidern Sie hier?

Für Destinationen ist der Veranstalter heute ein Kanal unter vielen. Aber ich denke nach wie vor ein wichtiger. Wer sich und seine Gastgeber von Booking & Co. komplett abhängig macht, wird irgendwann zu einem Spielball. Es ist wichtig, auf mehren Beinen zu stehen. Und Veranstalter werden unterschätzt. Also liegt es an uns, deutlicher zu zeigen, was wir für Regionen leisten. Einfach nur Katalogseiten zu verkaufen, reicht natürlich nicht – diese Zeiten sind vorbei. Wir bei FTI entwickeln heute gemeinsam mit Destinationen individuelle Kampagnen. Wir haben eine eigene Abteilung, die Marketingpakete mit verschiedensten Bausteinen schnürt. Dazu gehören unter anderem Instrumente wie Schulungen für Reisebüros über unsere FTI ACADEMY, Werbespots, die wir viel günstiger einkaufen als es eine DMO selbst könnte, spezielle Onlinedarstellungen und exklusive Katalogplatzierungen. Hinzu kommen bei uns als einzigem Veranstalter Präsenzen im Fernsehen – über unseren Sender sonnenklar.TV. Wir bieten DMOs und Hoteliers also eine große Plattform mit gutem Mix.