BASTIAN HILLER & HUBERTUS STOCK, GRÜNDER UND GESCHÄFTSFÜHRER TEEJIT

Ein Gespräch über digitale Weiterbildung im Tourismus, die Stärke regionalisierter Lerninhalte und warum erfolgreiches E-Learning für DMOs nicht nur ein wichtiger Feedback-Kanal ist, sondern auch etwas mit Vertrauen zu tun hat.

teejit-Gründer: Bastian Hiller und Hubertus Stock (v.l.)

 

Derzeit reden alle von Digitalisierung. Der Bereich Weiterbildung bzw. E-Learning steht hier selten im Fokus, wieso ist das so?

Hiller: Weil im Bereich der Digitalisierung gerade sehr viele weitere Themen auf die Tourismusorganisationen einprasseln, die vielleicht auf den ersten Blick erst einmal wichtiger erscheinen. Hinzu kommt, dass das Selbstverständnis vieler DMOs auf das Vermarkten der Region nach außen hin fokussiert ist. Dass man auch viel stärker nach innen arbeiten müsste, kommt gerade erst an. Es wird zu oft auch noch vergessen, dass es nach der Implementierung eines neuen Buchungssystems oder einer Datenbank die Personen in den Betrieben da draußen sind, die alles mit Leben füllen müssen. Wenn man diese nicht richtig abholt und schult, laufen die teuersten Neuerungen, die besten Ideen, ins Leere. Meine Vermutung ist, dass der Handlungsdruck vielerorts noch nicht groß genug ist. Aber der Bedarf an Wissen ist trotzdem da und wird weiter wachsen.

 

Es gibt ein paar Beispiele in der Branche, wo E-Learning schon ganz gut funktioniert, etwa die Eifel-Akademie, das Logbuch International oder die Online Akademie der Lessingstadt Wolfenbüttel. Was können solche Plattformen leisten?

Stock: Diese Plattformen stellen Wissen rund um die Uhr ortsunabhängig zur Verfügung. Jeder User kann also sehr individuell auf Inhalte zugreifen, wenn er sie braucht. Der Schlüssel zum Erfolg liegt dann im regelmäßigen Breitstellen von Kursen und Materialen seitens der DMO/LMO. Man muss die Lernumgebung also aktuell halten. Wir haben da inzwischen viele Erfahrungswerte. Es ist zum Beispiel besser, nicht alles auf einmal hochzuladen, sondern Stück für Stück immer wieder etwas Neues anzubieten. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Kommunikation über neue Inhalte in Richtung der Betriebe, die ich schulen möchte, funktioniert. Per E-Mail, WhatsApp, wie auch immer. Umgekehrt ist es ein echter Motivationskiller, wenn lange keine neuen Inhalte kommen. Ebenfalls wichtig: Feedback und Schulungswünsche ernst nehmen! Die Touristiker einer Region müssen das als IHRE Plattform begreifen und annehmen. Nur top-down Inhalte einzustellen, ist nicht nachhaltig.

 

Was ist noch zu beachten?

Hiller: Die größte Herausforderung für die DMOs ist es, ihre Leistungsträger wirklich zu aktivieren, an den digitalen Schulungsmaßnahmen teilzunehmen. Das hatten wir anfangs auch etwas unterschätzt (lacht). Es ist also wirklich wichtig zu verstehen, wie die Menschen in einer Region ticken, die in touristischen Betrieben arbeiten. Viel geht hier über Vertrauen. Die Inhaberin der Pension Emma wird nicht an einer Online-Schulung teilnehmen, weil die LMO das gerne hätte, sondern weil der Manfred aus der Tourist-Info, der ihr seit Jahren Gäste bringt, ihr das ans Herz legt. Wenn die Schulungsplattform dann auch noch auf der ihr vertrauten Website der regionalen DMO läuft, also gelabelt ist, steigt die Bereitschaft mitzumachen noch einmal deutlich. Die Regionalität ist aber nicht nur für die technische Seite wichtig, sondern erst recht für die Inhalte. Auf LMO-Ebene müssen Inhalte allgemeingültig für eine breite Masse sein. Der Abstand zu kleineren Betrieben da draußen ist aber entsprechend groß. Dieses Wissen dann aber zu adaptieren und mit Details anzureichern, welche die Strategien und speziellen Herausforderungen in kleineren Regionen widerspiegeln – das kann nur die DMO-Ebene glaubwürdig leisten.

 

Wer sollte sich Gedanken machen, in den Bereich E-Learning zu investieren – und was kostet das?

Hiller: Zielgruppen unserer Lerninhalte sind primär nicht die DMOs oder LMOs. Diese Einheiten können aber als Multiplikatoren am besten die touristischen Betriebe in den Regionen erreichen. Die Grundfrage ist immer: Gibt es Wissen, von dem man möchte, dass andere davon erfahren – und lässt es sich digital vermitteln? Wenn das gegeben ist, spielt die Größe einer Organisation keine Rolle. Dann macht es Sinn, sich mit E-Learning zu beschäftigen. Zu den Kosten: Die technische Seite ist nicht wirklich teuer. Wir von teejit nehmen zum Beispiel dafür eine monatliche Grundgebühr von 99 Euro und arbeiten dazu auf einem recht flexiblen Lizenzmodell. Was mehr Geld kostet, ist das maßgeschneiderte Aufbereiten der Inhalte. Man braucht als Organisation dafür in der Regel personelle Ressourcen. Trotzdem können auch kleine DMO-Teams tolle Online-Schulungen anbieten.

 

Was genau bietet teejit und wie funktioniert das System genau?

Stock: Wir denken das Thema Weiterbildung neu. Wir wollten ein System, das sich den Gegebenheiten der Branche anpassen kann. Wir sind der Meinung, dass man Betrieben und Teilnehmern die Angst vor der Nutzung neuer digitaler Dienste nur nehmen kann, indem die Lerninhalte auf der Plattform selbst leicht erreichbar sind. teejit ist also kein komplexes Tool mit tausend Raffinessen, sondern für die Anwender sehr einfach strukturiert. Statt vielen Ordnern und unübersichtlichen Verzeichnissen ist man mit drei, vier Klicks in seinem Kurs und kann loslegen.

Hiller: Und von der Anbieterseite her setzt das System auf Bundeslandebene in Form eines Knowledge-Hubs an. Es gibt also schon mal eine übergeordnete Inhaltsdatenbank mit Content. Dort stellen wir von teejit auch gelegentlich freie Inhalte ein. Aber dort könnten auch andere Agenturen oder beispielsweise auch Universitäten ihre Inhalte hochladen. All diese Inhalte stehen der DMO-Ebene darunter schon mal zur Verfügung und können für eigene Zwecke mit weiteren Informationen zu den jeweiligen Themen angereichert werden. Wir verknüpfen also über unser System die finanzielle Stärke der Landesebene mit dem regionalen Know-how der darunterliegenden Ebenen. Außerdem ist es ein direkter Feedbackkanal bezogen auf das Interesse an verschiedenen  Themen. Technisch unterstützt teejit die Regionen beispielsweise automatisiert bei der Kommunikation zur E-Learning-Plattform in Richtung der Betriebe, um das Thema am Laufen zu halten. Weil uns das Thema an sich wichtig ist, geben wir auch allen Interessierten kostenfrei unsere Leitfäden und Vorlagen an die Hand, wie man neue Inhalte erstellen sollte, damit sie in dem Format funktionieren. Wir können dann aber natürlich auch bei der Aufbereitung unterstützen oder beraten.

 

Viele DMOs setzen nach wie vor vorwiegend auf Präsenzseminare. Lässt sich das mit E-Learning verzahnen?

Stock: Unbedingt. E-Learning hat ja auch überhaupt nicht den Anspruch, ein gutes Seminar zu ersetzen, das über die Möglichkeit Rückfragen stellen zu können, noch mal anders funktioniert. Aber wenn man den Teilnehmern eines eintägigen Basis-Präsenzseminars vorab schon etwas zum Einlesen geben würde, könnte man in der Zeit viel weiter kommen und würde bessere Ergebnisse erzielen. Gleiches gilt, um erlangtes Wissen nach einem Präsenzseminar zu vertiefen und zu festigen. Beim Tourismus Marketing Brandenburg gibt es jetzt zum Beispiel die Schulungsreihe „Digitale Sprechstunde“, die so ähnlich funktioniert. Auch unsere Kooperation mit der SECRA eTourismus-Akademie verfolgt diesen Ansatz. Eine solche Verzahnung würde einer DMO auch einen richtigen Überblick über den Wissensstand in der Region zu wichtigen Themen liefern. Heute weiß eine DMO kurz nach der Schulung oft gar nicht mehr, wer teilgenommen hat, geschweige denn, ob der Teilnehmer auch im Nachgang online oder offline weiteres Wissen bezieht – und noch weniger halten das systematisch nach. Wir können sagen, dass nicht nur wir am Erfolg der Kurse gemessen werden. Daher ist es von Vorteil bestimmte Daten von Schulungen auszuwerten.

 

Abschlussfrage: Wie entwickelt sich teejit seit der Gründung im Herbst 2016 weiter?

Stock: Zunächst lernen auch wir ständig dazu und entwickeln uns weiter. So arbeiten wir ständig an den Feedbackmöglichkeiten und einer noch besser automatisierten Kommunikation der Inhalte im Namen der DMO in Richtung seiner Leistungsträger. Wir beschäftigen uns aber auch mit Themenabfragen, um regionale Bedarfe schon im Vorfeld besser zu ermitteln. Als White-Label-Lösung für eine Wissensplattform gestartet, bauen wir aktuell immer mehr Bausteine an, die sinnvoll zur Wissensvermittlung in der Destination passen. Strategisch sinnvoll wäre zum Beispiel, auf Basis unserer Daten über Betriebe, also potentielle Teilnehmer, auch Präsenzseminare zu vermitteln. So würde die Verzahnung der Online-Inhalte mit Vorort-Terminen erheblich vorangetrieben werden. Wir sind mit der Produktentwicklung jedenfalls noch nicht am Ende (zwinkert).