Dr. Thomas Kemper, Leiter Marktkommunikation DB Fernverkehr AG

Diesen Sommer haben die Deutsche Bahn und die 16 Landesmarketing-Organisationen erstmals eine gemeinsame Werbekampagne für den Deutschlandtourismus gestartet. Die Bahn sieht die gute Zusammenarbeit als Auftakt einer nachhaltigen Beziehung und für weitere Kampagnen. Wie es 2021 konkret weitergehen wird, was sich für die DB für Chancen im Destinationsgeschäft bieten, und vor welchen gemeinsamen Herausforderungen man steht, darüber sprechen wir mit Dr. Thomas Kemper, Leiter Marktkommunikation DB Fernverkehr AG. 

 

Herr Dr. Kemper, Sie hatten die Verantwortung für die Kampagne „Entdecke-Deutschland-Bahn.de“, die erste große Kampagne der DB in Kooperation mit den 16 touristischen LMOs der Bundesländer.  Wie erfolgreich war die Kampagne?

Den Erfolg sieht man zum einen daran, dass wir es geschafft haben, nach dem ersten Lockdown im Sommer und bis in den September hinein wieder viele Reisende in den Zügen zu sehen. Wir haben also das Vertrauen der Passagiere im ganzen Land in unser Produkt gespürt. Der Erfolg der Kampagne war damit einerseits am Umsatz abzulesen, aber wir konnten auch messen, dass die Sympathiewerte der Deutschen Bahn deutlich gestiegen sind. Und nicht zuletzt liegt der Erfolg darin, dass es die erste gemeinsame Kampagne mit allen 16 touristischen Landesmarketing-Organisationen war. So große Kooperationen gab es vorher nicht. Diesen Auftakt wollen wir 2021 intensivieren und noch stärker mit den deutschen Destinationen zusammenarbeiten.

 

Die LMO-Ebene sieht die Kampagne ebenfalls als Auftakt einer künftig intensiveren Zusammenarbeit. Wie geht es nun konkret weiter?

Wir planen, die Kampagne fortzuführen und ihr noch mehr Reichweite und Aufmerksamkeit zu geben. Darüber hinaus sind auch einzelne Kampagnen gemeinsam mit LMOs denkbar. Das wird gerade in vielen Gesprächen miteinander entwickelt und auch schon vorbereitet. Wir können uns hier besonders mit unseren Stärken in der Kommunikation einbringen. Unser gemeinsames Ziel ist es, dass die Verzahnung der Inhalte und Services noch besser werden. Denn vom Gast aus gesehen ist es ja so: Interessiert sich jemand für ein bestimmtes Reiseziel und sucht im Netz danach, wird er zuerst auf der Website der jeweiligen Destination oder des Hotels landen, weil hier der relevante Content liegt. Genau hier muss die klimafreundliche Anreise mit der DB in Zukunft viel stärker sichtbar werden, um die Produktwelten Bahn und Destination stärker miteinander zu verbinden. Um das zu vereinfachen, bieten wir DMOs an, unsere fertigen DB-Widgets für die Haus-zu-Haus-Reiseauskunft und Buchung von Bahntickets in die Region in ihre Websites zu integrieren. Das ist für Gäste ein guter Service – und bei Einbindung unseres Affiliateprogramms führt es gleichzeitig zu Provisionserlösen bei den Partnern. Auch haben wir ein Visual entwickelt, das Regionen, die zum Beispiel auf das Thema Nachhaltigkeit setzen, nutzen können, um sich als mit der DB gut erreichbares, klimafreundliches Reiseziel zu präsentieren.

 

Welche Strecken waren die touristisch meist gebuchten dieses Jahr?

Da waren zum einen die Strecken an die Ost- und Nordsee, aber auch unsere Fernverkehrs-Verbindungen in Richtung Süddeutschland und Alpenraum sowie Baden-Württemberg. Wie schon gesagt, hatten wir auf touristischen Strecken an einzelnen Tagen sogar mehr Buchungen als im Vorjahreszeitraum. Dieser Erfolg freut uns natürlich, führt aber auch dazu, dass wir auf bestimmten Routen unsere Kommunikation je nach Lage noch schneller anpassen müssen, um ein eventuell zu hohes Gästeaufkommen an bestimmten Orten in Pandemie-Zeiten zu vermeiden. Weniger Passagiere hatten wir in die Städte. Hier führen wir im Moment viele Gespräche, wie wir es schaffen können, auch dieses Segment mit seinem großen kulturellen Angebot gemeinsam wiederzubeleben. Die Herausforderung für den Deutschlandtourismus liegt mit Blick auf 2021 in meinen Augen darin, dass sich die Reiseströme mit der Einführung eines Impfstoffs wieder verändern werden. Die Menschen haben Sehnsucht nach fernen Zielen. Wir müssen also gerade jetzt gut kommunizieren, um Deutschland langfristig als attraktives Reiseziel im Gespräch zu halten.

 

Wie kann die DB die heimischen Destinationen beim Re-Start noch unterstützen und das Reisen innerdeutsch mit der Bahn touristisch noch attraktiver machen?

Der Schlüssel zum Erfolg liegt hier in unserem Produkt selbst. Die Menschen fahren Bahn, um möglichst schnell, komfortabel und zu einem guten Preis an ihr Ziel zu gelangen. Genau hier müssen wir in allen Bereichen ansetzen und uns weiter verbessern. Konkret werden wir das W-LAN weiter verbessern und mehr Sprinter einsetzen, um Verbindungen schneller zu machen. Wir werden auch die Taktung auf vielen Strecken erhöhen. Und wir werden den Komfort für Eltern mit Kindern ausbauen, indem wir mehr Familienabteile schaffen. Dazu werden wir die Zahl günstiger Tickets hochhalten und uns verstärkt um die Anschlussmobilität  kümmern. Der Gast muss wahrnehmen, dass unsere Angebote und die Mobilitätsangeboten am Zielort ihm eine bequeme Mobilität während seiner gesamten Reise sichern.  Viele Regionen haben bereits sehr attraktive Mobilitätsangebote, bieten oft sogar eine kostenlose Mobilität auf Gästekarte an. Das müssen wir gemeinsam ausbauen und an den Gast kommunizieren.

 

Ein weiteres wichtiges Thema ist Nachhaltigkeit, welches Bahn und Regionen gleichermaßen beschäftigt. Welchen Beitrag können Städte und Tourismusregionen für mehr klimafreundliche Bahnreisen leisten?

Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind zentrale Themen bei der Bahn. Im Fernverkehr fahren wir mit 100 Prozent Ökostrom. Heißt, wenn jemand mit dem ICE seine Zieldestination erreicht, dann reist er CO2-neutral. Das ist in der Kommunikation in Richtung bewusster Gäste ein wichtiges Argument. Das sollten wir gemeinsam mit den LMOs/DMOs und Städten künftig noch viel stärker betonen. Aber Nachhaltigkeit allein ist nicht der ausschlaggebende Punkt, warum sich ein Gast für die Bahn entscheidet. Komfort, Preis und Reisezeit müssen stimmen. An diesen Leistungswerten müssen wir als DB weiterarbeiten.  Und das werden wir!