Stefan Zindler, Geschäftsführer Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH

Ein Gespräch über das zurückliegende Barcamp #bctn22, die aktuellen Herausforderungen für die Branche in Rheinland-Pfalz und warum es wichtig bleibt, die Vorteile von Urlaub im eigenen Land bei Kampagnen in den Fokus zu rücken. 

Endlich wieder ein Barcamp live und mit echten Menschen: Wie hat sich das nach all den digitalen Formaten der letzten Jahre in der Branche angefühlt?

Man hat sich direkt wieder wie zuhaue gefühlt. Das Barcamp hat bei all den schnellen Entwicklungen und Herausforderungen etwas Stetiges, das bleibt, sich bewährt hat. Die aufgeschlossene und wertschätzende Atmosphäre dieses Veranstaltungsformats wurde zum Beispiel bei den einzelnen Sessions wieder sehr deutlich. Für die Weiterentwicklung der Tourismusbranche sind der Austauschund die Netzwerke von großer Bedeutung. Beides ist vor Ort doch noch ein Stück weit intensiver umsetzbar. Zugleich sind wir aber auch froh, dass wir unser Barcamp in den vergangenen beiden Jahren in digitaler Form durchführen konnten – um die Gespräche, wenn auch nicht in live, ermöglichen und aufrechterhalten zu können. 

Was waren die dominanten Themen, die den Teilnehmern auf dem Herzen lagen und wo es Diskussionsbedarf gab?

Die Bandbreite der Themen war groß und jedes Thema für sich spannend: Was können Antworten des Tourismus auf die sinkende Zahl von Gaststätten- und Übernachtungsbetrieben sein? Wie entwickeln wir den Tourismus im Ahrtal weiter? Welche Rolle spielt Diversität in der Bildsprache und warum ist diese überhaupt so bedeutsam für die Bewerbung von touristischen Angeboten? Auch die Herausforderungen im Bereich einer Open-Data-Strategie für den Tourismus in Rheinland-Pfalz sowie die Entwicklung von innovativen digitalen Marketingtools haben unseren Teilnehmern viel Gesprächsbedarf geboten.

Wie nimmt die RPT diese Themen auch für die eigene Arbeit auf?

Ein großer Teil dieser Themen ist ja bereits Bestandteil unserer Arbeit, entweder als eigenständiges Projekt wie etwa die Open-Data-Strategie oder aber auch einfach als latent präsente Fragen wie die Zahl der Fachkräfte oder die sinkende Gaststättenzahl, die in verschiedensten Gremien immer wieder Thema sind. Das Schöne am Barcamp ist aber ja, dass wir hier einen wirklich interdisziplinären Austausch haben, der manchmal nochmal ganz neue Denkansätze oder Perspektiven eröffnet, die wir dann natürlich auch sehr gerne aufnehmen und in unsere Arbeit einfließen lassen. 

Allgemein zu Rheinland-Pfalz: Was war 2022 für ein Jahr für die Betriebe und Destinationen?

Es war definitiv anders als erwartet: Das Jahr hat der Branche viel Zuversicht gegeben und eine zufriedenstellende Buchungslage. Es hat aber zugleich neue Unwägbarkeiten und Herausforderungen im Gepäck.

Im Frühjahr 2022 waren die Hoffnungen bei den Touristikern groß, dass der Tourismus in dieser Saison 2022 die Pandemie Schritt für Schritt hinter sich lassen, sich langsam von den Einschränkungen erholen und nach vorne schauen kann – da war Zuversicht. Und die Zahlen gaben Monat für Monat allen Grund zum Optimismus – auch nach wie vor: Wir haben uns in Rheinland-Pfalz bei den Gäste- und Übernachtungszahlen Monat für Monat dem Niveau von 2019 genähert, es im Juli auch erreicht und aktuell bis in den Oktober hinein eine sehr gute Buchungsnachfrage. Wir konnten uns bei starker Konkurrenz anderer deutscher Destinationen als Reiseziel behaupten und zeigen: Für seinen Urlaub muss man nicht weit in die Ferne reisen. 

Die Buchungsnachfragen in den Ferien – sowohl im Sommer als auch im Herbst – haben klare Trends gezeigt: Ein sehr hohes Interesse an Outdoorurlaub, auch an Weinerlebnisurlaub, eine Tendenz zu kurzfristigen Buchungen, ebenso wie eine starke Nachfrage an privaten Unterkünften, um nur einige zu nennen.

Mit der steigenden Inflation und der sich ankündigenden Energiekrise bringt das Jahr aber eben auch neue Unwägbarkeiten mit sich, die wir genau beobachten: Wie werden sich die Energiepreise tatsächlich weiter entwickeln? Welche Maßnahmen und Entlastungen sind seitens der Politik noch geplant?

Was sind die größten Herausforderungen mit Blick schon auf 2023 – auch aus Marketingsicht?

Zu den größten Herausforderungen zählen gleich mehrere: Die Digitalisierung in der Branche stetig weiterzuentwickeln – gerade mit Blick auf die Open-Data-Strategie und E-Learning-Angebote für Touristiker. Die Auswirkungen des Fachkräftemangels abzumildern, ihm im besten Falle entgegenzuwirken. Mit gezielten Marketingkampagnen das Reisen trotz Inflation und Energiekrise attraktiv zu halten, als deutsche Destination die Vorteile für Urlaub im eigenen Land in den Fokus zu rücken und mit den Highlights von Rheinland-Pfalz weiterhin neue Gäste zu gewinnen.  Wir haben in unserer Marketingstrategie und in unserem Contentmanual unsere Highlightthemen definiert, die wir im Rahmen unseres Marketings mit verschiedenen Angeboten und Produkten ins Schaufenster stellen. Diese Bereiche sind prägende Kultur, erlebbare Lebensfreude, Natur- und Aktivurlaub, Weinerlebnis und Kulinarik sowie Gesundheit und Wellness. Diese Highlights machen Rheinland-Pfalz – gerade auch in ihrer Kombination – besonders.


07.11.2022