Skireviere fürchten teilweise wegen hoher Energiekosten um Saison – sehen sich aber auch als Sündenbock

Energie kostete im September laut Daten des Statistischen Bundesamtes über alle Energieträger hinweg 43,9 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Dabei haben sich die Preise für Heizöl binnen Jahresfrist mit plus 108,4 Prozent mehr als verdoppelt, die Teuerung für Erdgas betrug 95,1 Prozent. Für Strom wurden 21 Prozent mehr verlangt, für Kraftstoffe 30,5 Prozent mehr. Für den Wintersport, wo oft alle diese Energieträger im Einsatz sind, um den Betrieb mit dem gewohnten Komfort zu gewährleisten, könnten diese Kostensteigerungen im kommenden Winter vielerorts zum Problem werden. So zieht man zum Beispiel auf Nachfrage von TN-Deutschland in Braunlage Konsequenzen: Petra Blaschnig, Koordinatorin der Wurmberg Seilbahn im Oberharz: „Wir gehen nur sparsam in die Vorbereitungen, wissen aber schon jetzt, dass diese Saison aus Kostengründen nicht künstlich beschneit wird. Sonst müssten wir die Preise verdreifachen.“ Trotz vieler Gespräche mit der Politik über Hilfen, sei diese „nicht groß zu erwarten“. Die harte Realität in Niedersachsens Mittelgebirge: „Falls wir nicht genug Naturschnee bekommen, fällt die Saison mit Sicherheit aus“, fasst Blaschnig die Situation zusammen.

Dass die Saison ausfällt, ist dagegen im Hessischen Willingen „nicht vorstellbar“, sagt Norbert Simon Lopatta, Leiter Tourismus und Kurbetrieb, Gemeinde Willingen (Upland). Dafür sei man als Tourismusort „zu breit aufgestellt“. Die Vorbereitungen auf die Wintersaison laufen auf Hochtouren. Die Konzepte sehen vor, dass so viel Energie wie möglich eingespart werden soll, ohne aber, dass der Gast auf Komfort verzichten muss. Heißt: „Wenn die Wetterlage es zulässt, werden die Hänge beschneit“, so Lopatta. Preislich werde man nur „moderate Anhebungen vorgenommen“ – dafür aber Zusatzangebote wie zum Beispiel das Flutlicht-Skilaufen stark zusammenstreichen. Was dem Willinger Skibetrieb eher Sorge bereitet, ist die „ungewisse Planungssicherheit in Bezug auf Corona“. Man erwartet hier im Winter „eine enorme Welle“ und wisse nicht, wie die Politik reagieren wird.

Auch in der Wintersportarena im Sauerland will man die Saison Stand heute wie geplant und inklusive Beschneiung durchziehen. Die Verantwortlichen sehen sich sogar in der Pflicht, die Relationen beim Energieverbrauch einmal richtigzustellen. Sprecherin Susanne Schulten: „Der Energieverbrauch der Erstbeschneiung der gesamten Wintersport-Arena mit 65 Pistenkilometern benötigt mit 2 gWh so viel Energie wie ein Hin- und Rückflug mit 200 Personen in die Karibik.“ Der Energiebedarf pro Gast für einen Skitag mit Seilbahnen, Pistenpräparierung etc. liege bei 16 kWh. „Genauso viel Energie benötigt ein Mittelklasse-PKW mit einem Durchschnittsverbrauch von 7 Litern für eine Strecke von 22 Kilometern“, so Schulten.

Im Sauerland blickt man aber vor allem deshalb dem Winter relativ entspannt entgegen, weil man hinsichtlich des Energieverbrauchs bzw. bei der -Erzeugung in den vergangenen Jahren schon viel gemacht hat: In der Winterberger Remmeswiese steht seit 2011 eine 6.000 Quadratmeter Photovoltaikanlage, die in einem durchschnittlichen Sonnenjahr 245.000 kWh liefert. Weitere neun Photovoltaikanlagen im Skiliftkarussell haben die Liftbetreiber auf verschiedenen Funktionsgebäuden installiert. Sie erzeugen weitere 600.000 kWh pro Jahr. Zudem sind zwei neue Photovoltaikanlagen in der Remmeswiese in Arbeit, die diesen Herbst fertig werden.

Ganz um Einsparmaßnahmen kommt man aber auch in Winterberg nicht herum. Beispielsweise ist geplant, die Fahrgeschwindigkeit der Lifte in weniger stark besuchten Zeiten zu reduzieren, teilweise Sitzheizungen abzuschalten, und die Beschneiung auf Pisten dort zu fokussieren, wo sie wirklich benötigt wird. Auch der Verband Deutscher Seilbahnen und Schlepplifte e.V. (VDS) bestätigt, dass bei den Betrieben zurzeit alle Bereiche auf den Prüfstand gestellt werden.  Klar sei aber: Die Basis für einen erfolgreichen Wintertourismus sei die technische Beschneiung. „Durch sie erfüllen wir unseren Auftrag als wichtige Tourismusmagneten, kommen der Verantwortung als Arbeitgeber nach und tragen zur Wertschöpfung in ländlichen Regionen bei“, sagt VDS-Geschäftsführerin Birgit Priesnitz. Ein Arbeitsplatz bei der Seilbahn sichere 5,1 Arbeitsplätze in der Region. Der Verband geht für Skikarten nur von einer moderaten Preissteigerung von rund 10 Prozent aus – für Kinder und Jugendlich weit drunter.

13.10.2022