Louise Böhler, Abteilungsleiterin Tourismus beim Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club e.V. (ADFC)

Ein Gespräch über das Boom-Segment Radreisen, die crossmediale Marketingplattform „Deutschland per Rad entdecken“ als Chance für Destinationen sowie die erkennbaren Trends und Erkenntnisse aus der ADFC Radreiseanalyse

 


Frau Böhler, der Urlaub mit dem Rad ist schwer angesagt. Woran liegt es, dass dieses Segment so beliebt ist?

Mit der ADFC-Radreiseanalyse befragen wir jedes Jahr Radreisende und Tagesausflügler und liefern seit 1999 verlässliche Aussagen zum radtouristischen Markt. So können wir sagen, dass die Kurve für den Radtourismus seit Jahren steigt – mal schneller, mal langsamer. Schwankungen sind oft wetterbedingt: Ein nasser Sommer kann schon mal zu einer Delle führen. Wer sich für eine aktive Urlaubsform entscheidet, greift gerne zum Rad, denn Radfahren können fast alle. Mit dem Aufkommen der Elektrofahrräder werden auch Regionen mit anspruchsvoller Topographie interessant. Hinzukommt, dass die radtouristische Infrastruktur in Deutschland nahezu flächendeckend vorhanden ist und Radrouten beispielsweise ausgeschildert sind. So fällt es Gästen leicht, ihre Urlaubsregion per Rad zu entdecken.

Was sind weitere Erkenntnisse aus der ADFC-Radreiseanalyse?

Wir untersuchen nicht nur das Reiseverhalten, sondern ermitteln auch die Lieblingsradreiseziele. Radreisen entlang von Flüssen, aber auch die Alpenregionen stehen hoch im Kurs, entsprechend steigt die Zahl der Angebote. Für die Regionen kann der Rad- und Wandertourismus bei zunehmend schwierigeren Wintersportverhältnissen zum Standbein werden. Der Weser-Radweg ist der beliebteste Radfernweg, das Allgäu die beliebteste Radregion. Außerdem zeigen die Ergebnisse, dass die Menschen am liebsten in Deutschland Urlaub machen: 81 Prozent der Radreisenden blieben 2019 hier und waren damit sehr zufrieden.

Mit „Deutschland per Rad entdecken“ bewirbt der ADFC seit 20 Jahren den Radtourismus in Deutschland. Was ist das Besondere an diesem Projekt?

„Deutschland per Rad entdecken“ ist die Visitenkarte des Radtourismus in Deutschland und stellt die wichtigsten Radreiseziele bundeslandübergreifend vor. Wir kennen die Zielgruppe sehr genau und wissen, dass sie hohe Qualitätsansprüche hat. Daher achten wir darauf, dass die dargestellten Produkte bestimmte Mindestkriterien erfüllen. Als Visitenkarte gibt „Deutschland per Rad entdecken“ das Qualitäts- und Markenversprechen des ADFC – und das wird sehr geschätzt: Für Radreisende ist die Broschüre ein entscheidungsrelevantes, beliebtes Planungstool – und sie ist das einzige Medium, dass die komplette Bandbreite im deutschen Radtourismus zeigt, gefördert und bekannt gemacht hat. Ohne die Broschüre und den ADFC gäbe es den heutigen Radtourismus, der vor Ort Geld in die Kassen spült, nicht.

Was bietet der ADFC in dem Projekt den Tourismusorganisationen an?

„Deutschland per Rad entdecken“ ist eine crossmediale Marketingplattform für Radfernwege, Radregionen und für die Bundesländer. Wir bieten ein Paket aus Printbroschüre, Onlineauftritt, E-Paper sowie begleitenden Marketingaktivitäten, mit denen wir gezielt ein radtouristisches Publikum erreichen. Die Broschüre geht per Post an fast 200.000 ADFC-Mitglieder. Sie wird auf Messe- und Infoständen des ADFC stark nachgefragt. Unsere Website wird pro Jahr rund 4.2 Mio. Mal aufgerufen, das E-Paper verzeichnet 45.000 Nutzer.

Die neue Ausgabe soll zur CMT 2021 erscheinen. Was wird sich ändern?

Inhaltlich bleibt es die Übersicht zum Radtourismus in Deutschland, aber wir bieten unseren Partnerinnen und Partnern flexiblere Buchungsoptionen. Sie können das Gesamtpaket buchen oder nur online dabei sein. Es ist möglich, die eigene Route oder Region zusätzlich mit unserem ADFC-Mitgliedermagazin Radwelt zu kombinieren. Neu ist auch das Angebot von redaktionellen Beiträgen.

Was kann man sich darunter vorstellen?

Der klassische Standardeintrag in „Deutschland per Rad entdecken“ präsentiert eine Route in Steckbriefform. Redaktionelle Beiträge stellen nicht nur ein Produkt, sondern ein gesamten Thema oder einen radtouristischen Trend vor. Es ist wie ein Themenspecial, das sich optisch und sprachlich abheben wird. Geplant haben wir u.a. die Themen Flussradrouten und Alpen. Dazu sind wir mit einigen touristischen Partnern im Gespräch, aber Interessierte können sich gerne bei uns melden.

Wen möchten Sie konkret zur Teilnahme ermuntern und was müsste man tun?

Vertreter wichtiger nationaler Radfernwege oder Radregionen sind herzlich zur Teilnahme eingeladen. Geführte Touren per Smartphone mit Audioguides oder Augmented Reality werden mehr Bedeutung erlangen aber auch das Thema „Stadt per Rad“ wollen wir stärker bespielen. Dafür suchen wir einerseits spannende digitale Angebote sowie gut ausgearbeitete urbane Routen, die sich für Tagesausflüge eignen und über die entsprechende Infrastruktur verfügen. Interessierte finden auf unserer Internetseite alle Unterlagen zu den Beteiligungsformaten, zur Buchung und zu unseren Kriterien, um am Projekt „Deutschland per Rad entdecken 2021/2022“ teilnehmen zu können.

Warum ist Deutschland als Radreiseziel so beliebt?

Deutschland ist kompakt, kulturell und landschaftlich abwechslungsreich. Es gibt ein ebenso vielfältiges Angebot im Radtourismus mit mehr als 250 Radfernwegen und eine Fülle von regionalen Themenrouten. Zudem hat jede erfolgreiche Route einen zentralen Ansprechpartner oder Routenbetreiber – das macht Deutschland im internationalen Vergleich einzigartig.