Barbara Radomski, Geschäftsführerin der BAYERN TOURISMUS Marketing GmbH (by.TM)

Ein Gespräch über respektvolles Miteinander, wie man auch ernste Themen mit Augenzwinkern kommuniziert und den schmalen Grat zur Besserwisserei.

Barbara Radomski
Foto ©Bayern.by-Gert Krautbauer

Frau Radomski, „Bayern entdecken – rücksichtsvoll!“ lautet der Titel eines Online-Guides, mit dem die BAYERN TOURISMUS Marketing GmbH (by.TM) für einen respektvollen Umgang mit Mensch und Natur sensibilisiert. Vorausgegangen ist die Kampagne „Auch auf dich kommt´s an!“. Bei was kommt es denn auf wen genau an?

Eine intakte Natur und der Rückhalt der Bevölkerung sind die unentbehrliche Grundlage für den Tourismus in Bayern. Wenn wir also in der Natur unterwegs sind, kommt es auf jeden Einzelnen an. Es geht darum, Rücksicht zu nehmen, vorgegebene Wege nicht zu verlassen, die Tiere während des Winterschlafs oder in der Brutzeit nicht zu stören und auf ein respektvolles Miteinander zu achten. Dann haben wir alle etwas davon und können auch auf Dauer Ausflüge in der bayerischen Natur genießen.

Der Guide gibt Tipps für die „Vorbereitung“, für „Vor Ort“ und „Nach der Reise“. Wie sind diese Inhalte zustande gekommen?

Wir sind sowohl auf Landesebene mit verschiedenen Ministerien und Institutionen als auch auf regionaler Ebene mit unseren Partnern und den Leistungsträgern im stetigen Austausch über die Themen, die diese – insbesondere auch in der aktuell herausfordernden Situation – bewegen, und konnten daher schnell Anknüpfungspunkte definieren. Ebenso sind für uns die Stimmen aus der Community wichtig. Wir werden beispielsweise immer mal wieder auf Begebenheiten hingewiesen, bekommen Videos oder Bilder von vor Ort zugeschickt oder werden über Profil-Tags informiert. Ein ganzheitlicher Ansatz war und ist uns bei dieser Thematik sehr wichtig, denn Situationen vor Ort bekommt man nicht gelöst, wenn man nur vor Ort agiert. Eine vorausschauende Herangehensweise und eine intensive Bewusstseinsbildung für sämtliche mögliche Situationen sind essenziell, um nachhaltige Änderungen zu bewirken. Wir möchten erreichen, dass die Menschen grundsätzlich erkennen, wie groß bereits der Effekt eines nur vermeintlich kleinen Beitrags ihrerseits sein kann. Die Kategorien „Vorbereitung“, „Vor Ort“ und „Nach der Reise“ lassen sich dabei sehr gut in unsere Kommunikation integrieren, weil sie die Phasen der Customer Journey widerspiegeln, in denen wir mit unseren Social Media-Kanälen ansetzen – nämlich Inspiration, Erlebnis, Reflexion.

Warum haben Sie sich genau diesen Winter dafür entschieden, sich dem Thema Sensibilisierung zu widmen?

Bereits die vergangene Sommersaison hat uns gezeigt, dass die Menschen verstärkt die Nähe zur Natur suchen und die Lust, rauszugehen einfach unglaublich groß ist. Wir vermuteten, dass dieser Drang auch im Winter stark ausgeprägt sein wird. Da die aktuellen Corona-Regelungen zum Beginn der Wintersaison klassischen Wintersport jedoch nicht möglich machten, gingen wir davon aus, dass deutlich mehr Wintersportler abseits der Pisten unterwegs sein würden. Einige von ihnen vielleicht zum ersten Mal, was verschiedene Herausforderungen mit sich bringt – für die Natur, die Tiere, die Menschen vor Ort und auch für diejenigen selbst. Mit der Kampagne wollten wir auf diese Situation aufmerksam machen und einen Beitrag leisten, der sich positiv auf die Verhaltensweisen jedes Einzelnen auswirkt.

In der kommunikativen Umsetzung haben Sie neue Ansätze verfolgt. Im Gedächtnis bleiben wird vielen gleich das Auftaktvideo mit Kabarettist Harry G. Erzählen Sie uns mehr über Ihre Herangehensweise und Mechaniken der Kampagnen.

Damit dieses äußerst wichtige Thema möglichst viele Menschen erreicht, braucht es Aufmerksamkeit. Die schafft Harry G mit seiner unvergleichlichen humorvollen Art und Weise allemal. Zudem hat er eine große Community, sodass wir über unsere eigenen Kanäle hinaus eine Vielzahl von Menschen mit unserer Botschaft adressieren konnten, um sie auch für die weiteren Inhalte zu interessieren. Denn das ist der eigentliche Kern der Kampagne – mit Expertenwissen aufzuklären und Hintergründe zu erläutern, um ein Umdenken bei den Menschen zu bewirken. Gleiches gilt für den Guide. Mit einer auffälligen grafischen Gestaltung und kleinen Animationen mit Augenzwinkern generieren wir Aufmerksamkeit für die dahinterstehenden Inhalte. Zudem haben wir die Grafiken des Guides zusätzlich auf dem eigenen Instagram-Kanal @ruecksichtsvolldurchbayern visualisiert und mit den Hashtags beliebter Ausflugsziele versehen, um auch in diesem Kontext eine entsprechende Aufmerksamkeit und Aufklärung der User zu erreichen.

Zwischen Sensibilisierung und Besserwisserei ist es manchmal ein schmaler Grat. Allemal in den vergangenen Monaten, wo viele Menschen von der Gesamtsituation gestresst waren. Wie war das Feedback?

Hier ist in jedem Fall Fingerspitzengefühl gefragt. Unser Anliegen ist nicht, mit dem Finger zu zeigen, sondern mit Hintergründen und Wissen aufzuklären und die Menschen mithilfe fundierter Fakten zum Nachdenken anzuregen. Nur, wenn ich weiß, welche Folgen mein Handeln hat, kann ich meine Verhaltensweisen entsprechend anpassen. Und wir wollen zeigen, dass wir alle gemeinsam in dieser Situation sind und auch nur gemeinsam etwas bewegen können. Jeder, der in der Natur unterwegs sein möchte, kann und muss seinen Teil dazu beitragen, die Gesamtsituation zu unterstützen. Daher auch der Kampagnenname: „Auch auf dich kommt’s an“. Wenngleich die Einschränkungen der vergangenen Monate für jeden Einzelnen schwierig sind, vernehmen wir doch eher den Ton, dass die Leute darauf bedacht sind, zu schützen und zu unterstützen. Teilweise sind die Menschen auch wehmütig ob der aktuellen Situation, der Großteil äußerst sich jedoch positiv im Sinne von „gemeinsam daran arbeiten“ und schön zu sehen, dass dem Thema Bedeutung beigemessen wird. Auch in der bayerischen Tourismusbranche kommt unsere Initiative gut an und wird von den Regionen im Rahmen ihrer Kommunikation und entsprechend der Situationen vor Ort adaptiert.

Hat die Kampagne auch etwas mit Tourismusakzeptanz bei der einheimischen Bevölkerung zu tun?

Auf jeden Fall. Der intensive Ausflugsverkehr hat natürlich Einfluss auf die Situation der Einheimischen, wenn zum Beispiel lange Staus durch die Ortschaften führen, Wege und Einfahrten zugeparkt oder Müll liegengelassen wird. Gleichzeitig müssen sich auch die Einheimischen darüber bewusstwerden, wie sehr sie in Sachen Infrastruktur, Freizeiteinrichtungen etc. vom Tourismus profitieren. Wir möchten daher mit der Kampagne für ein gegenseitiges Miteinander und Verständnis auf beiden Seiten sensibilisieren.

Wie geht die Kampagne weiter bzw. wie werden Sie das Thema Sensibilisierung vielleicht mit Blick auf die Sommersaison weiterspielen?

Wir sind schon mitten in der Umsetzung und Ausgestaltung von Inhalten für die Sommersaison. Wir gehen davon aus, dass die Lust am Draußensein weiterhin groß sein wird. Die Herausforderungen bleiben bestehen. Die Kampagne, der Guide oder auch der Ausflugsticker Bayern 2.0, der vor Ostern online gegangen ist, sind nur einige Bausteine von vielen, mit denen wir nachhaltig und langfristig agieren wollen, um das Thema erfolgreich zu bespielen und zu einem generellen Umdenken und einer rücksichtsvollen Grundhaltung beizutragen.

Zur Person: Barbara Radomski steht seit August 2018 an der Spitze der BAYERN TOURISMUS Marketing GmbH (by.TM). Bei der Landesmarketingorganisation war sie bereits seit 2012 – vor ihrer Berufung zur Geschäftsführerin als Prokuristin und Leiterin Stabstelle. Die Betriebswirtin und Hotel-Expertin hat die Content-Marketing-Strategie unter der Dachmarke Bayern stark weiterentwickelt und mit zielgruppenspezifischen Schwerpunktthemen Akzente in den wichtigsten Auslandsmärkten gesetzt.
(18.5.21)