Silke Duijkers, Projektleitung Tourismuskonzept Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH & Co. KG & Wiltrud Roesler, Managerin Hotel Oberkirch Freiburg

Ein Gespräch über die neue touristische Marke Freiburgs, wie Betriebe das Thema im Alltag mit Leben füllen, und warum regionale Merkmale wie “wunderfitzig” wichtig für die Akzeptanz des ganzen Prozesses sind.

Freiburg hat seit gut zwei Jahren ein Tourismuskonzept. Ein Auftrag war, für die Stadt eine Marke zu schaffen. Dieser Prozess ist nun abgeschlossen. Für was steht also Freiburg als touristische Marke?

Duijkers: Uns geht es bei der Marke darum, Authentizität zu vermitteln, dass man in Freiburg entspannt ankommen kann und auch, dass Gäste bei uns eine ideale Verknüpfung von Stadt und Umland finden. Was viele Städte Corona-bedingt also erst für sich herausfinden mussten – und was teils konstruiert wirkt –, gehört in Freiburg schon immer dazu. Das Markenversprechen ist verkürzt gesagt, bei uns nicht in eine klassische Städtedestination zu kommen, in der man als Besucher von vornherein eine Liste von klassischen Sehenswürdigkeiten, „abzuarbeiten“ hat. Es soll vielmehr leicht sein, jeden Tag so zu gestalten, wie es sich gerade richtig anfühlt. Im Ganzen haben wir sieben Merkmale für den Markenkern definiert, die sehr unsere tatsächliche regionale Identität beschreiben

Können Sie das an einem Beispiel konkret machen?

Duijkers: Zum Beispiel ist ein Merkmal „wunderfitzig“. Außenstehenden wird das nichts sagen. Es bedeutet, dass wir Freiburger neugierig sind, Dinge verstehen möchten und eigene – manchmal auch unkonventionelle – Lösungen finden. Weitere Merkmale sind „freiköpfig“ als Ausdruck einer offenen und toleranten, aber auch eigenen Stadt sowie „selbstbestimmt“. Denn schon immer wurde und wird Freiburg durch seine engagierten Bürger geprägt. Als Standort zahlreicher Forschungsinstitutionen, wissenschaftlicher Einrichtungen und als Universitätsstadt sind wir aber auch „vorwärtsdenkend“ – und als Sportstadt „bewegt“.

Da kommt einem fast schon unweigerlich Christian Streich in den Sinn, quasi als Prototyp Ihrer Marke.

Duijkers: Ja, als ob wir ihn gekauft hätten! (lacht)
Der Trainer des FC Freiburg ist ein absolutes Original und verkörpert viel von dem, was unsere Stadt und seine Menschen ausmacht. Wer sich die sieben Merkmale und das Zielbild genauer anschauen möchte, findet alles noch einmal zusammengefasst auf unserer Website. Und obwohl wir als FWTM Wirtschafts- und Tourismusförderung eng miteinander verzahnen, handelt es hier um eine touristische Marke, die wir strategisch gemeinsam mit den Experten von BrandTrust entwickelt haben. Das Markendesign hat designconcepts, eine Agentur aus dem Raum Freiburg übernommen. Doch auch, wenn es eine touristische Marke ist, waren an der Entwicklung viele verschiedene Bürger und Akteure aus Wirtschaft und Gesellschaft beteiligt. Die Marke hat also eine hohe Akzeptanz, weil sie nicht im Reagenzglas an der Bürgschaft vorbeientwickelt wurde. Als Basis könnte die Marke daher perspektivisch auch als Standortmarke dienen – zum Beispiel, um auf neue Fachkräfte zu zielen.

Wie sah denn die Beteiligung bei der Markenentwicklung aus und wie schafft man es als Betrieb, diese Marke bei sich zu integrieren?

Rösler: Zunächst einmal halten wir als touristische Betriebe diese Marke für sehr wichtig. Eine Stadt muss sich von anderen abgrenzen, ihre Zielgruppen definieren und sich klar positionieren. Das hat bislang gefehlt. Somit wird uns die neue Marke helfen, weil es jetzt eine Richtung gibt, in die alle gemeinsam gehen können. Den Beteiligungsprozess in Form von Workshops habe ich persönlich als sehr konstruktiv und offen erlebt. Da war nichts von vornherein vorgegeben. Was wir als Betriebe an Meinung eingebracht haben, wurde gehört und diskutiert. Jetzt gilt es, die Marke im Alltag mit Leben zu füllen und in die eigene Markenführung zu integrieren. Dies wird allerdings eher unterschwellig geschehen – was ich sehr begrüße. Denn gerade Hotels haben oft bereits eine eigene Marke, über die man nichts einfach so darüberstülpen kann. Aber ich weiß von vielen Hotelkollegen, dass die Übereinstimmungen der neuen Freiburg-Marke mit den eigenen oft schon groß sind. Um das aber wirklich zu sehen, haben wir von der FWTM einen Check für Betriebe an die Hand bekommen.

Wie sieht dieser Check konkret aus?

Rösler: Im Wesentlichen handelt es sich hierbei um vier Fragen zu verschiedenen Kontaktpunkten mit dem Gast – ganz gleich ob in der Tourist-Information, am Telefon oder am Check-in. Die erste Frage ist zum Beispiel, ob mein Kontaktpunkt kontrastreich ist, vermittle ich dem Gast also die Vielfalt Freiburgs? Denn es soll ja darum gehen, jedem Gast zu zeigen, dass Freiburg vielseitig ist und niemand hier für seinen Aufenthalt eine allgemeingültige Liste benötigt. Die zweite Frage ist die, ob der ganze Vorgang gerade entspannt gestaltet wird? Umsorge ich den Gast also so, dass er ankommen und sich entspannen kann? Bei uns im Hotel ist das Thema Ankommen und das Gestalten dieses Prozesses wirklich ein großes Thema: Wir liegen mitten in der Altstadt, wo es keine Parkplätze gibt. Wir müssen das Ankommen also schon vor der Anreise beginnen, so zu organisieren, dass es entspannt wird. Und ganz wichtig ist, dass wir dabei authentisch bleiben, also auch mal mit einem Augenzwinkern erklären, dass eine Schnellstraße einfach nicht so gut zum Feeling in der Altstadt passen würde. Und wir müssen im Blick haben, dass wir alles, was wir tun, nicht nur für unsere Gäste, sondern auch für Freiburg tun, das lebenswert bleiben soll.

Wie begleitet die FWTM die Markeneinführung jetzt weiter?

Duijkers: Der Entwicklungsprozess der Marke war im Sommer abgeschlossen, diverse Infoveranstaltungen haben wir durchgeführt, teilweise Corona-bedingt in anderer Form als vorgesehen. Wir stehen also noch ganz am Anfang. Aber wir haben alle Betriebe und Tourismuspartner bereits mit Materialien versorgt und intern unsere Hausaufgaben gemacht. Allen voran die wichtigsten Kontaktpunkte wie unsere Website sind bereits auf die neue Marke gepolt, in unserem B2B-Portal finden Betriebe viele Informationen und wir veranstalten fortlaufend Workshops und Stammtische, also Formate, über die wir mit den Leistungsträgern im Dialog bleiben. Aber es wird dazu auch noch viele Einzelgespräche und -beratung brauchen, um möglichst viele Betriebe mitzunehmen.

Abschlussfrage: Welche Effekte versprechen Sie sich durch die neue Marke?  

Rösler: Dadurch, dass jetzt Zielgruppen definiert sind, um die seitens der FWTM aktiv geworben wird, wird sich unsere Gästestruktur so entwickeln, dass in Zukunft noch mehr Gäste mit ihrem Aufenthaltserlebnis in Freiburg zufrieden sein werden. Und das Marketing professionalisiert sich in einem Maße, wie wir es – allein schon wegen der Mittel und damit dann verbundenen Reichweiten – als einzelne Betriebe niemals leisten könnten. Hier ist die FWTM für uns also der wichtigste überregionale Akteur.

(09.12.21)