Matthias Goeze, Chief Commercial Officer (CCO) Berlin Tourismus & Kongress GmbH (visitBerlin)

Ein Gespräch über die Public Ticket Solution (PTS) als eigene Softwarelösung von visitBerlin, die Bedeutung von Zutrittsmanagement nach Corona, und warum sich vieles schneller entwickeln lässt, wenn man Anwender und Anbieter gleichermaßen ist.

Herr Goeze, warum hat visitBerlin mit der Public Ticket Solution (PTS) 2019 eine eigene Lösung für Ticketing und Zutrittsmanagement realisiert?

Wir wollten damals zunächst einmal für uns in Berlin eine zeitgemäße, moderne Lösung vor allem für den Bereich Zutrittsmanagement haben. Es ging uns also nicht darum, den hundertsten Webshop aufzubauen, sondern darum, dass niemand, der nach Berlin reist und sich zuhause schon ein Ticket für eine Attraktion besorgt hat, noch anfangen muss, irgendwo einen Voucher an einer Kasse umzutauschen. Das Prinzip, nur einen Gutschein zu kaufen, der erst später in ein Ticket umgewandelt wird, wollten wir aufbrechen. Das ist nicht kundenfreundlich. Und es ist auch für POIs und Destinationen schlecht, wenn immer nur „eigene“ Eintrittskarten in einem Kassensystem akzeptiert werden. Alternativ zu den eigenen Scannern müssen nämlich dann oft zusätzliche Lesegeräte von Vertriebspartnern eingesetzt werden, um Bar- oder QR-Codes von Fremdtickets einscannen und validieren zu können. Nach dieser Logik ist es auch fast unmöglich, Daten sauber für gute Reportings miteinander zu verknüpfen. Mit einem Technologiepartner aus Berlin haben wir deshalb das Konzept unseres Ticket-Gateway entwickelt, das beim Kauf einen QR-Code erstellt, der auf dem Mobiltelefon gespeichert wird, der als echtes Ticket gilt und von Kassensystemen der Attraktionen erfasst und verrechnet werden kann.

Die PTS ist also Buchungs-Tool und Zutritts-Management in einem.

Ich glaube, so ähnlich hieß es in der Jurybegründung beim Gewinn des Deutschen Tourismuspreise 2021 (lacht). Spaß beiseite: Die PTS ist vor allem eines: vom Kunden her gedacht! Denn erstmals wird über die PTS die Vernetzung mehrere Attraktionen und Partner in einer Stadt bzw. Destination möglich. Kunden benötigen nur ein Ticket, können aber unterschiedliche Leistungen mit einem QR-Code in Anspruch nehmen. Alle Leistungsträger scannen den gleichen Code. Die Abrechnung läuft voll automatisch im Hintergrund. Die Anzahl der auf dem Kombiticket bzw. auf dem Ticket-Code bündelbaren Einzelleistungen und deren jeweiligen Nutzungseigenschaften sind nahezu unbegrenzt. Gerade für DMOs, die in Richtung Gästekarte denken, bietet diese technische Herangehensweise sehr viele Vorteile. Genau das brauchen Destinationen, um neue, kundenfreundliche Produkte und Erlebnisse zu entwickeln. Mit der ErlebnisCard Stuttgart konnten wir hier bereits ein spannendes Projekt für die ganze Großregion mit 70 Partnern umsetzen. Auch mit der Digitalisierung der ZürichCard und der Berlin Welcome Card All Inclusive sind moderne Produkte gelungen, wie sie Reisende heute erwarten. Ohne Papier. Ohne Umtauschen von Vouchern. Maximal kundenfreundlich.

Was unterscheidet die Public Ticket Solution noch von anderen Anbietern in diesem Bereich?

Dadurch, dass wir die PTS als Destination entwickelt haben und betreiben, haben wir von Anfang an anders auf die Lösung geschaut als es reine Technik-Dienstleister tun würden. Als visitBerlin kennen wir sehr genau die Herausforderungen von DMOs, haben den direkten Kontakt zu den Anbietern und zum Gast. Die Kombination, dass man Anwender und Anbieter gleichzeitig ist, gibt es so nur selten. Und wir bleiben auch in Zukunft für Destinationen eine Art Übersetzer für den rein technischen Part. Entsprechend praxisorientiert und schnell setzen wir Dinge um, wenn sich zum Beispiel an den Rahmenbedingungen etwas ändert. Wir waren ja gerade erst ein gutes Jahr auf dem Markt, hatten rund 40 Kunden damals – dann kam Corona.

Eine echte Feuertaufe für ein neues System.

Und wie! Allen voran, weil wir seinerzeit in sehr kurzer Zeit einige Museen, wie die Berlinische Galerie oder das Deutsche Technikmuseum in Berlin, ausgestattet haben. Systemisch war das hochanspruchsvoll, weil sich Restriktionen und Vorgaben seitens der Politik immer wieder geändert haben. Was uns dabei enorm geholfen hat, war aber unsere Grundkonzeption als Zugangs-Management-Lösung. Andere mussten hier erst nachträglich an ihre Systeme anbauen. Weil ein gutes Zutritts-Management jedoch auch ohne Restriktionen sehr sinnvoll ist, nutzen viele POIs z.B. die Zeitfenster-Option bis heute, um aktiv Besucherlenkung zu betreiben, etwa indem frühe Zeitfenster oder Wochentage etwas günstiger sind als Tickets am Wochenende.

Was leistet die PTS als moderne Lösung noch?

Ich greife aus sehr vielen Funktionen mal einige für Destinationen und Anbieter wichtige heraus: Zum einen liefert ein Dashboard jedem Nutzer detaillierte Auswertungen und Statistiken über Ticketverkäufe: Tag, Uhrzeit, Ort, Vorausbuchungszeit, Herkunft des Gastes und Vertriebskanal – alles wird transparent. Für spätere Marketingaktivitäten ist das ungeheuer wichtig. Unsere Buchungsstrecke kann als White-Label-Lösung auch in jede Website integriert werden. Gleichzeitig channeln wir die Tickets aber per Klick auf alle wichtigen nationalen und internationalen Plattformen, wo sie auch direkt buchbar sind. Über Plattformen wie Ctrip können also auch Gäste in China adressiert werden.

Wir haben weitere Tools für den stationären Verkauf, können also dauerhaft Tourist-Informationen oder eventbezogen Vorverkaufsstellen anbinden. Nicht zuletzt können wir als vollintegrierte Kassenlösung eingesetzt werden und bieten in Kombination mit Gästekarten über ein zentrales System die volle Kontrolle über Besucherströme und Besucheraufkommen in teilnehmenden Attraktionen in Echtzeit. Nicht zu vergessen: Auch die Anbindung an die ÖPNV-Schnittstelle ist mitgedacht und schon in Destinationen im Einsatz. In den nächsten Jahren gilt es nun, die PTS kontinuierlich weiterzuentwickeln und mit neuen Destinationen und Partnern im DACH-Raum zusammenzuarbeiten. Mehr Informationen


11.04.2023