Fahrtziel Natur feiert 20. Jubiläum

2001 gab es in Deutschland viele junge Nationalparks, Naturparks und Biosphärenreservate. Die großen Umweltverbände und die Deutsche Bahn tragen seit damals gemeinsam dazu bei, diese Schutzgebiete zu stärken und begannen damit, sie über die Kooperation Fahrtziel Natur als attraktive Reiseziele zu bewerben. Ein Fazit zum 20. Jubiläum.

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Nachhaltige Mobilität ist für fast 90 Prozent der deutschen Bevölkerung eng auch mit dem Thema Tourismusentwicklung in Schutzgebieten verbunden. Für drei Viertel ist sie zentraler und wichtiger Reiseanlass. Diese Daten hat das dwif bereits 2015 in einer umfangreichen Studie geliefert. Dass es eine Sensibilität für diesen Zusammenhang gibt, ist auch der Kooperation Fahrtziel Natur (FZN) zu verdanken. Seit 20 Jahren verfolgen die großen Umweltverbände BUND, NABU und VCD gemeinsam mit der Deutschen Bahn als Träger in ihr eine gemeinsame Vision: Klima und umweltfreundliche Mobilität bei Reisen in nationale Naturlandschaften zu einer Selbstverständlichkeit zu machen. Allein die drei Verbände bringen es zusammen auf knapp 1,3 Millionen Mitglieder, die über Magazine, Social Media oder Newsletter für das Thema erreichbar werden. Und die Bahn wirft ihren Kontakt zu täglich 3,6 Millionen Fahrgästen im Schienenverkehr in den Ring – und nicht zuletzt die seit 2020 gemeinsam mit der LMO-Ebene und den deutschen Destinationen entwickelte Kampagne Entdecke-Deutschland-Bahn.de, wo die FZN-Gebiete gleich auf der Startseite eine eigene prominente Rubrik bilden. Doch handelt es sich bei Fahrtziel Natur nicht primär um eine Marketingkooperation. Vielmehr gibt es drei Ziele.

Erstens: Die Bekanntheit von Großschutzgebieten als attraktive Reiseziele soll gesteigert und dadurch die regionale Wertschöpfung erhöht werden.

Zweitens: Durch das Fördern einfach zugänglicher öffentlicher Mobilitätssysteme soll eine nachhaltige Verkehrsverlagerung zu mehr Klimaschutz führen.

Drittens: Über Umweltbildung sollen Jung und Alt für die heimische Artenvielfalt und den Naturschutz begeistert werden. „Kommunikation allein reicht nicht“, sagt FNZ-Projektleiterin Dr. Kathrin Bürglen und macht ebenfalls klar, dass es beim Thema Mobilität in Großschutzgebieten auch „nicht nur um die letzte Meile geht“.

 

„Mobilität auf Gästekarte zu entwickeln ist die größte Herausforderung bei der Aufnahme in die Kooperation in den letzten Jahren. Und bis 2025 müssen auch alle Gebiete, die bei Fahrtziel Natur bleiben wollen, ein solches Angebot haben.“

Dr. Kathrin Bürglen, Projektleiterin Fahrtziel Natur

 

Der Gast brauche vielmehr ein attraktives Angebot vor allem für die Mobilität vor Ort. „Wir forcieren daher die kundenorientierte Vernetzung von Mobilität und Tourismus“, so Bürglen. Wer der Kooperation beitreten will, muss daher die Zusammenarbeit aller relevanten Stakeholder in einer Region so organisieren, „dass eine Perspektive vom Gast aus auf den öffentlichen Verkehr entsteht“, so Bürglen.Wenn auf einer Webseite nur alle ÖPNV-Anbieter einer Region mit weiterführenden Links auf diverse Fahrpläne gelistet sind, sei das keine gute Kommunikation. Die vielleicht beste Lösung: Mobilität auf Gästekarte. 2015 boten diesen Service bereits zehn Fahrtziel Natur-Gebiete kostenlos an.

Vergangenes Jahr waren es dann schon 14 von insgesamt 23 FZN-Gebieten. Und die Regionen, die Gästen diesen Service noch nicht anbieten, müssen sich sputen, um zum Beispiel ihre Kommunalabgabegesetze so zu ändern, dass Mobilität auf Gästekarte rechtlich auch bei ihnen möglich wird – sonst droht 2025 das Aus in der Kooperation. Für einige wären damit zehn Jahre Arbeit umsonst gewesen. So lange hat der Prozess zumindest für einige der aufgenommenen Schutzgebiete gebraucht. Denn die Aufnahmekriterien für National- oder Naturparks sowie Biosphärenreservate haben es in sich. Großschutzgebiete müssen zunächst eine sehr gute Bahnanbindung und Mobilität vor Ort besitzen und beides in ihre touristischen Angebote integrieren. Das schließt ein, dass der öffentliche Verkehr vorrangig beworben wird und die Informationen dazu leicht zugänglich sind. Die aber für viele größte Hürde ist der Aufbau einer Trägergruppe mit verantwortlichen Ansprechpartnern. Hier müssen die Schutzgebietsverwaltungen, die Umweltverbände, die regional agierenden Verkehrsträger sowie Tourismus und Politik an einen Tisch gebracht werden, um gemeinsam Ziele zu definieren – und zu erreichen. Auf diese lokal verankerte Basisarbeit ist Projektleiterin Dr. Bürglen denn auch besonders stolz: „Die kontinuierliche Arbeit der Trägergruppen hat entscheidend dazu beigetragen, die Mobilitätsangebote vor Ort zu verbessern.

FZN unterscheidet sich hier von vielen anderen Projekten dadurch, dass wir langjährig verlässlich an der Seite unserer Partner stehen und so auch große Themen anpacken können, um nachhaltige Entwicklungen voranzubringen.“ Einer, der das bestätigt und von Anfang an bei der Kooperation dabei war, ist Dr. Friedhard Knolle vom Nationalpark Harz. Nachhaltiger Tourismus sei ohne ÖPNV „schlicht nicht machbar“. In diesem Sinne habe die Kooperation „immer wieder wichtige Anstöße gegeben und dazu beitragen, das Urlaubs-Ticket HATIX einzuführen und später auf den Westharz auszudehnen“. Dass die Zusammenarbeit dabei „auf Augenhöhe“ stattfindet, sei „anregend und fruchtbar für alle Beteiligten“, so der Geologe und Naturschützer.

 

„Leider wird viel von Nachhaltigkeit gesprochen, aber die Praxis sieht immer noch anders aus. Daher sind
Projekte wie Fahrtziel Natur weiterhin unverzichtbar.“

Dr. Friedhart Knolle, Marketing & Regionalentwicklung Nationalpark Harz

 

 

Im Rückblick, als die Kooperation vor 20 Jahren gegründet wurde, war ihr primäres Anliegen, Erholungssuchenden zeigen zu wollen, welch einzigartige Naturlandschaften direkt vor der Haustür umweltfreundlich mit Bahn und Bus erreicht werden können. Und in Zukunft? So lange wie nötig will FZN Nationalparks, Naturparks und Biosphärenreservate weiter bei der Entwicklung nachhaltiger Mobilitätsangebote unterstützen. Wenn solche Angebote aber irgendwann selbstverständlich geworden sind und breit genutzt würden, „braucht es unsere Unterstützung wahrscheinlich auch nicht mehr“, meint Dr. Bürglen. Das wäre aus Sicht der Umwelt, der Gäste und damit der Träger der Kooperation „das Optimum“.

 

„Die größte Herausforderung für den Betrieb touristischer Linien in Nationalparkregionen sind die unterschiedlichen Zuständigkeiten von Landkreisen und Kommunen, touristische Akteure und Schutzgebiet. Die von Fahrtziel Natur geforderte Trägergruppe ist hier ein wichtiger Baustein für die Vernetzung und den Erfolg.“

Dr. Franz Leibl, Leiter Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald

 

FAHRTZIEL NATUR-GEBIETE AUF EINEN BLICK

2001 Nationalpark Jasmund
2001 Biosphärenreservat Südost-Rügen
2001 Naturpark Uckermärkische Seen
2001 Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin
2001 Nationalpark Harz
2001 Nationalpark Wattenmeer
2002 Nationalpark / Naturpark Bayerischer Wald
2003 Nationalpark Hainich
2003 Müritz-Nationalpark
2003 Nationalpark Berchtesgaden
2003 Nationalpark Sächsische Schweiz
2004 Naturpark Frankenwald
2005 Naturschutzgebiet Allgäuer Hochalpen
2005 Nationalpark Eifel
2006 Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe
2007 Schweizerischer Nationalpark
2008 Naturpark / Biosphärenreservat Thüringer Wald
2009 Biosphärenreservat Naturpark Pfälzerwald
2011 Nationalpark Hohe Tauern (Kärnten)
2012 Biosphärenreservat Bliesgau
2013 Nationalpark und Naturparke im Schwarzwald
2015 Naturpark Ammergauer Alpen
2016 Fahrtziel Natur in Graubünden
2018 Nationalpark Kellerwald-Edersee

 

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Dieser Artikel ist im neuen TN-Deutschland Magazin erschienen. Das ganze TN-Deutschland Nachhaltigkeits-Magazin zum Nachlesen gibt es HIER