Benjamin Buhl, Geschäftsführer netzvitamine GmbH

Ein Gespräch über 12 Jahre DSTNCMP in Hamburg, die weiterentwickelte Veranstaltung nächstes Jahr in Kuftstein in Tirol und die neue WERKSCHAU mit vielen Impulsen für die tägliche Arbeit auf Destinationsebene.

Herr Buhl, 12 Jahre Hamburg, 12 Mal DestinationCamp. Bitte versuchen Sie eine kurze Bilanz zu ziehen, was die netzvitamine mit der Veranstaltung erreicht haben.

Uns ist in jedem Fall gelungen, ein neues Format als Mix aus Branchentreff, moderierten Workshops, Konferenz und Weiterbildung zu etablieren. Und das zu einer Zeit, als auch die Barcamps ihren Siegeszug mit einem völlig gegenteiligen Konzept antraten.  Anfangs wurde unser neues Format kritisch beäugt. Heute ist klar: Wir haben einen Branchenstandard geschaffen, obwohl kein DestinationCamp gleich war. Wir haben als Team zwar immer versucht mit maximalem Aufwand das Beste aus den Sessions und den Teilnehmern herauszuholen. Trotzdem gab es nicht bei allen Themen immer die großen Sprünge. Das kontinuierliche Weitertreiben von Trends und Themen hat die ganze Branche weitergebracht. Nicht zuletzt gab es mit 2020 und 2021 zwei besondere Jahre. Jahre, in denen weder ein Deutscher Tourismustag noch eine ITB oder eine CMT stattgefunden haben. Aber das DSTNCMP fand jedes Jahr statt. Das hat vielen Akteuren Mut gemacht. Umso schöner war es, dass wir den Abschluss in Hamburg in diesem Jahr noch einmal fast ohne Restriktionen gestalten konnten und uns damit an wirklich viele tolle Veranstaltungen zurückerinnern werden.

Im nächsten Jahr geht es nach Kuftstein in Tirol und neben dem Ortswechsel gibt es weitere Veränderungen: welche?

Mit dem Ortswechsel kommen wir auch einem Wunsch vieler Teilnehmer nach, die sich davon einen Perspektivwechsel erhoffen. Als wir dann rund 20 Bewerbungen von Destinationen und Veranstaltungsorten für das DSTNCMP23 auf dem Tisch hatten, war uns schnell klar, dass wir um das zu erreichen, weder in eine andere Stadt noch in den Norden konnten. Mit dem Kufsteinerland in Tirol gab es dann einen Bewerber, der schon bei der Einreichung maximal Kreativität und Engagement gezeigt hat und als Akteur im ländlichen Raum Gelegenheit bietet, die Themen einmal ganz neu zu denken. Diese Chance haben wir genutzt, um auch das DSTNCMP hin zu einem Workation-Event weiterzuentwickeln. Es wird also mehr Freiraum für die Teilnehmer geben – und trotzdem gibt es einen geführten Rahmen wie gewohnt. In Summe haben wir auch durch die Verlängerung auf vier Tage mehr Inhalte, aber weniger gedrungen. Eine weitere wichtige Änderung ist der dezentrale Ansatz. Es gibt zwar einen Hub, wo sich alles immer trifft, aber ganz Kufstein wird zum DSTNCMP! Die Locations sind fußläufig alle nah beieinander und wir sind in der Destination unterwegs, fühlen und sehen sie – und kommen so auch mit den Einheimischen bewusst in Kontakt. Allein schon deshalb, weil einige wirklich sehr exklusive Sessionräume Teil regionaler Unternehmen sind. Nicht zuletzt wird sich das Teilnehmerfeld in den kommenden Jahren durch den immer wieder wechselnden Austragungsort mehr verändern. In Kufstein erwarten wir zum Beispiel mehr Akteure als bisher aus Österreich und der Schweiz.  

Österreich gilt vielen als Vorbild, wenn es um Tourismusentwicklung, Finanzierung etc. geht. Welche Impulse erwartet ihr?

Der länderübergreifende Ansatz wird dem DSTNCMP in jedem Fall guttun und neue Denkweisen fördern. Neben dem Tourismusverband Kufsteinerland und der Stadt Kufstein habe wir als Partner außerdem auch das Convention Bureau Tirol und die Managementhochschule MCI Innsbruck in Organisation und Ablauf eingebunden. Gemeinsam soll ein neuer Ansatz für ein modernes Tagungs- und Kongressformat entwickelt werden. Aber genauso wichtig wie neue Impulse an einem neuen Ort ist, dass wir aus Hamburg natürlich Themen mitbringen, die wir in bekannter DSTNCMP-Manier weiterdenken werden.

Welche werden in deinen Augen besonders wichtig?

Zum einen wird der ganze Themenkomplex der Nachhaltigkeit eine noch größere Rolle spielen als bereits dieses Jahr. Und zwar sehr vielseitiger und facettenreicher, als dass wir nur über Zertifizierungen reden. Konsequentes Agieren wird massiv an Bedeutung gewinnen – und genau hier werden wir aus den Alpenregionen spannende Inputs bekommen. Das in meinen Augen zweite sehr wichtige Thema wird das Managen von Beziehungen. Denn die ändern sich zurzeit stark mit den neuen Aufgaben innerhalb der DMO und schließen immer mehr auch die Einheimischen ein. Und das sehr handfest! Denken wir nur an den ganzen Bereich der digitalen Erlebnisvermarktung. Hier geht es nicht um Befindlichkeiten oder Psychologie, sondern ganz einfach darum, dass DMO die örtlichen Angebote so zugänglich machen müssen, dass die Menschen vor Ort immer mitgedacht und erreicht werden. Lebensraum-Management mit Teilhabe schafft am Ende wiederum mehr Tourismusakzeptanz. Das dritte große Thema klopft mit lautem Pochen an die Tür: die Rezession. Viele dachten, dass nach Corona wieder auf Normalbetrieb umgeschaltet werden kann. Wird es aber nicht.

Im August erscheint mit der WERKSCHAU wie immer der ausführliche Rückblick auf das letzte DSTNCMP. Finden sich darin auch Touristiker zurecht, die nicht live dabei waren?

Die neue WERKSCHAU umfasst knapp 200 Seiten und ist die umfangreichste, die wir je hatten. Von der Informationstiefe konnten wir noch einmal eine Schippe drauflegen, weil wir intern in der Dokumentation der Sessions die Abläufe verändert haben. Es gibt zwei Teile von Inhalten und Ergebnissen. Das eine sind kurze knackige Impulse, die aus dem Track der netzvitamineAKADEMIE entstanden sind. Hier haben die Referenten für die Leser wirklich sehr gute Handlungsempfehlungen bereitgestellt. Wer nicht vor Ort dabei war, wird hier inhaltlich keine spürbaren Verluste haben, wenngleich die WERKSCHAU nie den Austausch vor Ort ersetzen kann. Dementsprechend fasst die WERKSCHAU bei den weiteren acht großen Strängen eher zusammen und zeigt, in welche Richtung sich die Themen entwickeln könnten bzw. werden. Auch sind alle Impulse noch einmal vom jeweiligen Impulsgeber zusammengefasst, sodass alles anwendbar wird. Auch in Hamburg ging es übrigens bereits um die Beziehungen mit Einheimischen, um Krisen, Nachhaltigkeit sowie Methoden, mit denen man innerhalb seines Betriebs selbst neue Denkweisen fördern kann. Alles beschrieben in der neuen WERKSCHAU, die es unter https://www.destinationcamp.com/werkschau zu bestellen bzw. als PDF zum Download gibt.

(22.08.22)