Markus Leutner, Vice President Produkt, Einkauf & Destination Management Luxair Tours

Ein Gespräch über die Wachstumspläne von Luxair Tours in Deutschland, die Zusammenarbeit mit Bettenbanken im wichtiger werdenden Segement der Städtereisen und warum Luxemburg für viele ein besserer Startpunkt ihrer Pauschalreisen ist als Köln, Stuttgart oder Frankfurt. 

 

Herr Leutner, Luxair Tours will stärker in den deutschen Markt einsteigen. Wie genau soll das aussehen?

Zunächst muss man wissen, dass wir mit unseren Pauschalreisen zunächst noch ab Luxemburg fliegen. Vorteil: Ab dort können wir auch exklusive TUI-Marken wie Riu und Iberostar in Deutschland anbieten. Marken also, die der deutsche Gast kennt. Wenn wir ab Deutschland fliegen, können wir diese Hotels nicht komplett anbieten – aber natürlich all unsere anderen Vertragshotels, auch alles namhafte Marken. Und natürlich ist Luxair Tours kein neuer Veranstalter: Uns gibt es dieses Jahr seit 50 Jahren.

 

Das heißt, Sie wollen bald auch direkt ab deutschen Flughäfen in die wichtigen Zielgebiete starten?

Ja. Ab Sommer 2019. Wahrscheinlich werden wir dafür dann eine eigene Veranstaltermarke gründen. Geflogen wird dann auch nicht mit Luxair, sondern mit Maschinen, auf denen wir Plätze einkaufen. Das Produkt muss sich zudem preislich und qualitativ an den Bedürfnissen des deutschen Gastes orientieren. Da gibt es durchaus Unterschiede zu Luxemburg.

 

Luxair Tours verfolgt also eine Doppelstrategie. Sie wollen einerseits mehr deutsche Kunden für Reisen ab Luxemburg gewinnen. Andererseits eine neue Marke aufbauen für all jene, für die sich der Startplatz Luxemburg nicht anbietet.

Genau. Schon heute sind wir ja in einigen Regionen Deutschlands mit Luxair Tours präsent: Rund 300 Reisebüros bieten uns bereits an, allen voran natürlich in den geografisch naheliegenden Regionen wie dem nördlichen Baden-Württemberg, der Westpfalz, Koblenz, Trier oder dem Saarland. Da wollen wir jetzt noch bekannter werden. Aktuell werden 90 Prozent unserer Urlaube übers Reisebüro verkauft. Nur zehn Prozent werden über unsere eigene Website gebucht. Und demnächst werden wir auch mit OTAs zusammenarbeiten.

 

Aber warum sollte jemand ab Luxemburg statt ab Stuttgart in die Ferien fliegen?

Zunächst ist Luxemburg für viele näher als Stuttgart, Frankfurt oder Köln-Bonn. Dazu kommt, dass dort teils andere Ferienzeiten sind, zum Beispiel zu Ostern. Während dann bei den deutschen Veranstaltern und Airlines Hochsaisonpreise aufgerufen werden, haben wir quasi Nebensaison. Dazu bieten wir teils kostenloses Parken am Flughafen an, je nach Angebot. Und maximal reden wir über sechs Euro pro Tag und Auto. Dann gibt es extra ausgewiesene Reisen, bei denen Kinder komplett kostenlos mitreisen. Die Ersparnis ab Luxemburg zu fliegen, liegt also für eine Familie schnell bei mehr als tausend Euro. Nicht zuletzt wird das Thema Zubringerflüge an Bedeutung gewinnen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass wir ab Winter 2018/19 ins Fernreisegeschäft einstiegen wollen. Zunächst in Richtung Karibik.

 

Wie viele Ihrer Gäste kommen heute schon aus Deutschland?

Rund 15 Prozent unserer Kunden bucht aus Deutschland. Der Großteil unserer Gäste, rund 40 Prozent, sind Franzosen, 20 Prozent Belgier und etwa 25 Prozent kommen aus Luxemburg selbst. Insgesamt kamen wir als Veranstalter im letzten Jahr auf rund 300.000 Gäste. Die Buchungen ziehen seit Jahren an. 2017 war unser Wachstum zweistellig – was wir auch für dieses Jahr einplanen.

 

Mit Blick auf die Kataloge: Was sind Ihre wichtigsten Zielgebiete und welche Philosophie verfolgt Luxair Tours beim Packen der Pauschalen?

Maßgeblich für das Angebot ist zunächst, was wir mit unseren eigenen sechs Boeing 737 und den elf kleineren Dashs fliegen können. Am häufigsten geht es nach Mallorca, 16 Mal die Woche. Die Kanaren sind stark bei uns und auch Djerba wird zehn Mal pro Woche angeflogen. Djerba hatten wir aufgrund unserer vielen französischen Gäste im Gegensatz zu den deutschen Veranstaltern nie aus dem Programm genommen. Dazu kommen weitere klassische Badeziele in der Türkei, Griechenland, Kroatien, Ägypten, auf Madeira und in Portugal. Vom Selbstverständnis her ist Luxair Tours ein Qualitätsveranstalter im Vier- und Fünf-Sterne-Bereich im Hotelpart, wobei der Drei-Sterne-Hotel-Bereich ausgebaut werden soll. Auch beim Flug mit Luxair wird der Qualitätsanspruch deutlich, denn das ist keine Billigairline, bei der man für Getränke, Mahlzeiten oder Sitzplatzreservierung extra bezahlt. Da ist alles inklusive. Ein Schwerpunkt unseres Portfolios richtet sich an Familien mit Kindern. Und Teil jeder Reise sind natürlich auch die Transfers sowie eine deutschsprachige Reiseleitung.

 

Was ist mit dem Thema Städtereisen?

Da sind wir durch die vielen City-Ziele unserer Airline natürlich stark. Unsere wichtigste Strecke ist Hamburg mit Zwischenlandung in Saarbrücken. München ist auch sehr gut gebucht. Berlin interessanterweise weniger. Aber wir bieten natürlich auch interessante Ziele in Europa an, wie zum Beispiel Barcelono, Madrid, Paris, Mailand oder Lissabon. Um in dem Segment noch besser an Betten zu kommen, haben wir jetzt zu diesem Quartal ein Bettenbanken-Projekt mit MTS initialisiert. Das ist zwar eine Abkehr vom bisherigen Arbeiten mit handverlesenem Einkauf und klassischen Kontingenten. Aber immer mehr Städte arbeiten auf dieser Basis gar nicht mehr mit Veranstaltern zusammen. Außerdem werden wir so flexibler beim Pricing. Wir bauen das Segment der City-Trips also ab sofort über die neue Technik aus.

 

Ist das Pricing Ihrer Reisen eigentlich auf die jeweiligen Märkte und die dortige Kaufkraft angepasst, etwa wie bei den Automarken?

Nein. Eine Luxair Tours-Reise kostet in Frankreich genauso viel wie in Deutschland. Aber es gibt Hotels, die werden zu über 90 Prozent nur von Franzosen gebucht, sodass man dort schon an den Markt anpassen kann. Aber wer weiß, was in Zeiten von Big Data noch alles kommen wird. Vielleicht kalkulieren wir Preise schon bald auf der Basis von Wetterdaten, Vorjahresstatistiken und der berechneten Buchungserwartung. In Echtzeit.

 

Airlines machen das heute schon.

Ja, da gibt es ein auslastungsbezogenes Pricing. Das Veranstalter-Pricing ist aber viel komplexer, weil es viel mehr Kombinationen gibt. Da spielen Flug- und Hotelauslastung eine Rolle. Und allein in Deutschland haben wir 26 Abflughäfen. Das jetzt sinnvoll mit den tausenden Hotels in den Zielgebieten, mit den verschiedenen Zimmertypen und Verpflegungsmöglichkeiten zu kalkulieren – so weit sind wir nicht. Wenn es nächste Woche eiskalt wird, werden garantiert mehr Winterjacken verkauft. Das kann man vorhersagen. Wer aber in fünf Tagen welches Hotel ab welchem Flughafen bucht – das weiß niemand.

 

Auch Google nicht? Der Konzern baut sein Engagement im Travel-Bereich sichtbar aus.

Dass Google mit Daten umgehen kann, weiß jeder. Dort könnte man wahrscheinlich sogar schon kunden-individuelles Pricing machen, auf Basis von Einkommen, Interessen usw. In Kalifornien wird noch mehr im Bereich Reisevertrieb passieren. Darauf sollte sich jeder Veranstalter einstellen. Aber wir sind jetzt seit 50 Jahren erfolgreich im Markt. Und Veränderungen hat es immer gegeben.