Eike Knall, kreativer Kopf von Radio Antenne Frankfurt, Reisejournalist und Marketingexperte

eike_freiEin Gespräch über Touristikwerbung im Radio, die Vorteile eines Spots, den man nicht sehen kann, und warum das Verschwinden von Reisesendungen aus dem Programm nicht förderlich für einen Sender sein kann. 

Herr Knall, mit immer weniger Geld müssen Entscheider heute immer mehr Kanäle bespielen. Wie schlägt sich das Radio in diesem Wettbewerb?

Knall: Sehr gut. Wenn die Unternehmen immer weniger Budget haben, dann ist das Radio mit dem niedrigsten TKP aller Medien das Mittel der Wahl.

Trotzdem haben viele Touristiker Radiowerbung nicht so auf dem Schirm.  Woran liegt das?

Knall: Ich denke, der Hauptgrund dafür ist die Annahme, dem Hörfunk fehle es an visueller Attraktivität. Hinzu kommt, dass Radio von vielen als Nebenbei-Medium betrachtet wird. Als etwas, dem man selten seine alleinige Aufmerksamkeit schenkt. Man hört also im Auto oder beim Bügeln. Doch warum sollte man als Medium hier nicht erfolgreich eine Message platzieren können? Gerade die fehlende Visualisierung birgt die Chance, die Radiohörer mit akustischen Mitteln zu begeistern. Bei guten Spots werden die Zuhörer plötzlich ganz Ohr. Denken Sie an die akustischen Logos von Media Markt, Telekom oder Audi. Das bleibt im Kopf.

Wie muss also gute Touristik-Werbung im Radio klingen?

Knall: Sie muss über Geräuschkulissen, Musikauswahl und die Sprachmelodie Bilder im Kopf entstehen lassen. In Sekunden kann ein Spot Lust auf Urlaub machen. Es geht aber nicht nur um Werbung. Um als Sender beim Hörer auch für Reisethemen relevant zu sein, muss man sich auch im Programm mit dem Thema beschäftigen. Wir tun das seit 20 Jahren auf unseren 16 Radiostationen in vier Bundesländern, zum Beispiel sonntags mit einer zweistündigen Reiseendung. Andere haben diese Formate längst abgeschafft. Für uns unverständlich. Und keine gute Entwicklung.

Wie schlagen sich die deutschen Regionen, wenn es darum geht, sich im Radio zu präsentieren?

Knall: Ganz unterschiedlich. Manche nutzen diesen Kommunikationsweg aktiv, um ihre Region und die speziellen Angebote zu präsentieren. Spontan fällt mir da Bodenmais und Taunustouristik ein. Als Veranstalter machen das auch Aldiana und TUI sehr gut. Aber auch ein Fernsehsender wie Sonnenklar.tv geht nicht ohne Grund ins Radio.

Aber nicht für jeden Kunden eignen sich die gleichen Formate.

Knall: Natürlich nicht. Ein Wetter-Sponsoring macht im deutschen Winter für die Dominikanische Republik Sinn, weil der Kontrast zum heimischen Regenwetter allein schon Lust auf Sonne macht. Mit einer Mittelgebirgsregion würde das nicht funktionieren. Da gibt es aber den Schneewetterbericht live vom Tourismuschef. Aber da beraten wir unsere Partner natürlich: Von der Anfrage über die Konzept-Entwicklung und Produktion im Studio bis zur Ausstrahlung erarbeiten wir die passende Kampagne auf Basis der individuellen Kommunikationsziele.

Was genau umfasst das Portfolio?

Knall: Das reicht vom klassischen Spot bis zu After-Work-Partys, die wir so bewerben, dass alle vier Wochen hunderte Gäste in ein anderes Hotel kommen. Auch größere Sonderwerbeformen und Promotions sind möglich, also Kooperationen, bei denen wir unsere Reporter in eine Destination rausschicken.

Wo punktet das Radio Ihrer Meinung nach besonders im Vergleich zu anderen Medien?

Knall: Das Radio ist das mit Abstand meistgenutzte Medium in Deutschland. Rund 80 Prozent der Bevölkerung hören täglich Radio. Vier Stunden im Schnitt! Trotzdem wird Funk im intermedialen Vergleich stiefmütterlich behandelt. 2013 betrug der Marktanteil von Radiowerbung weniger als 5 Prozent. Dabei zeigt die Marktforschung besondere Vorteile, allen voran durch die Regionalität des Hörfunks. Unsere Moderatoren erzählen zum Beispiel selbst von ihren Urlaubserlebnissen, da entsteht automatisch eine viel größere Nähe als beim Zeitunglesen, wo bestenfalls ein innerer Monolog stattfindet.

Was kostet eine Radiokampagne?

Knall: Das hängt von mehreren Faktoren ab: vom Sender, von der Platzierung im Programm, von der Sendezeit, von der Anzahl der Schaltungen und der Länge des Spots. Bei uns liegt der Preis pro Werbesekunde zwischen zwei und acht Euro. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist mit Blick auf die Gewinnung von Neukunden in meinen Augen topp. Gemessen an den Investitionen lockt Radiowerbung relativ mehr Käufer als andere Medien.

Zum Schluss ein kurzer Ausblick: Wie wird sich Radiowerbung in den kommenden Jahren entwickeln?

Knall: Sehr positiv. In den vergangenen Jahren konnten wir bereits einen leichten Anstieg der Investitionen in Funkkommunikation beobachten. Die hohe regionale Bedeutung von Radiowerbung wird zunehmend erkannt. Drüber hinaus möchte ich neue Formate im Radio etablieren, ein Radio mit Ecken und Kanten und nicht das formatierte Radio, das es heute in Deutschland gibt. Und eines kann das Internet übrigens richtig schlecht: lokal.