Daniel Onggowinarso, Geschäftsführer Caravaning Industrie Verband (CIVD)

Ein Gespräch auf der CMT über immer neue Rekorde der Caravanbranche, den Wunsch nach selbstbestimmtem und flexiblem Reisen als Erfolgsfaktor, und warum die Diskussion um Dieselmotoren kein Wachstumshindernis bedeutet.

 

                                                                                                                                           Foto: Sarah Kastner.

Herr Onggowinarso, die Caravaningbranche hat ein fast schon unglaubliches Rekordjahr hingelegt. Wie groß war das Wachstum genau?

Mit über 71.000 neuzugelassenen Freizeitfahrzeugen haben wir 2018 einen neuen Bestwert erzielt. Das entspricht 12,5 Prozent mehr als 2017. Bei den Reisemobilen wurde ein Wachstum von herausragenden 15,5 Prozent und das achte Rekordergebnis in Folge erreicht. Caravans wuchsen um starke 7,2 Prozent und damit das fünfte Jahr in Folge.

 

Wie erklären Sie sich diesen starken Trend zu dieser Reiseform?

Die Attraktivität von Urlaub mit Reisemobil und Caravan liegt im selbstbestimmten und flexiblen Reisen. Zudem ist es sehr vielseitig. Und man muss dabei wegen der technischen Entwicklung der Fahrzeuge auf Komfort nicht verzichten. Nicht zuletzt hat Caravaning einen positiven Imagewandel erfahren. In den Sozialen Medien sieht man unter dem Hashtag #vanlife wie cool und hip Urlaub mit dem Kastenwagen vor allem bei Jungen ist.

 

Der Boom der letzten Jahre verändert aber das Gesicht der Campingplätze. Vielen gefällt es nicht, dass immer mehr wohlhabende „Neu-Camper” die Anlagen in Plätze des „Sehen-und-Gesehen-werdens” verwandeln. Wird es vielleicht allmählich zu luxuriös?  

Das können wir so nicht bestätigen. Die zulassungsstärksten Modelle sind kompakte Fahrzeuge. Gerade ausgebaute Kastenwagen, die in den letzten Jahren einen regelrechten Boom erlebt haben, sind bei Einsteigern beliebt und stehen sicher nicht im Verdacht, die Fahrzeuge zu sein, auf die angespielt wird.

 

PinCamp plant bezgl. der Buchbarkeit von Stellplätzen eine Revolution: dynamische Preise. Was halten Sie davon?

Mit Pincamp weitet der ADAC sein Onlinegeschäft massiv aus. Dynamische Preisdifferenzierung ist heute ein fester Bestandteil des Onlinegeschäfts und wird bekanntermaßen auch beim Camping seit langem angewendet, wie die Preisgestaltung in der Nebensaison zeigt. Bleibt das Preisgefüge verlässlich und transparent, sehen wir kein Problem.

 

Könnten sich tagesaktuelle Preise, die in der Regel immer steigen, je näher es der Abreise entgegen geht, nicht negativ auf das Momentum der Spontanität auswirken? Ein Grundpfeiler der Attraktivität dieser Reiseform.   

Das Preisgefüge muss transparent und verlässlich sein und unverhältnismäßige Preissprünge wirksam verhindern. Wenn Campingplätze gebucht werden gilt heute meist schon, dass gerade bei beliebten Plätzen eine frühzeitige Buchung ratsam ist.

 

Welche Rolle spielen Campingplätze für den Deutschlandtourismus?

Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Übernachtungen auf deutschen Campingplätzen erneut. Finale Ergebnisse liegen noch nicht vor, doch es wird voraussichtlich ein neuer Rekord erreicht. Mit rund 10 Prozent Steigerung wachsen Campingplätze stärker als jede andere Beherbergungsform. Hinzu kommen noch die Übernachtungen auf Reisemobilstellplätzen. Die Caravaningbranche und die Campingwirtschaft setzen zusammen mit vielen kleinen und mittleren Unternehmen jährlich rund 23 Milliarden Euro um.

 

Was erwarten Sie als Verband von einem Tourismuskonzept auf Bundesebene für die Campingwirtschaft?

Die ökonomische Bedeutung der Tourismuswirtschaft wird häufig unterschätzt, dabei ist der Tourismus in Deutschland ein umsatzstarker und beschäftigungsintensiver Wirtschaftszweig. Die neue Tourismusstrategie muss die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern verbessern, Tourismus in strukturschwachen Regionen und im ländlichen Raum stärken und vor allem unnötige Bürokratie abbauen.

 

Inwieweit könnte die Diesel-Krise den Erfolg Ihrer Branche treffen – und was fordern Sie?

Das Thema Diesel begleitet uns nun seit über drei Jahren – in der Zeit hat sich der Markt für neue und auch gebrauchte Fahrzeuge stetig nach oben entwickelt. Das liegt vor allem daran, dass Reisemobilisten selten Innenstädte ansteuern. Sie suchen im Urlaub eher den Weg in die Natur und wenn sie doch mal in die Stadt wollen, stehen sie außerhalb und nutzen das Fahrrad oder den Nahverkehr. Für die sehr kleine Gruppe der Reisemobilbesitzer, die in einer potenziellen Fahrverbotszone wohnen und ein Fahrzeug mit Euro 5-Motor oder darunter besitzen, fordern wir Ausnahmeregelungen. In Stuttgart ist eine solche bereits erteilt worden.

 

Abschlussfrage: Wie wird sich das Segment 2019 entwickeln – und welche Trends sehe Sie für die Zukunft?

Wir blicken sehr optimistisch auf 2019 und rechnen mit weiterem signifikantem Wachstum und einem neuen Rekord bei den Neuzulassungen von Freizeitfahrzeugen. Auch darüber hinaus ist die Perspektive positiv, da die Gründe für den Trend zur Urlaubsform Caravaning langfristiger und nachhaltiger Art sind. Bei den Fahrzeugen wird sich der Trend zu kompakteren, auch alltagstauglichen, aber dennoch komfortableren und vernetzten Modellen fortsetzen. Perspektivisch werden auch alternative Antriebe an Bedeutung gewinnen.